LieblingsChinesisch: Smombie

Der Smombie ist ein seltsames modernes Wesen.

Ein Freund hat mir ein neues Wort geschenkt. Ein chinesisches Wort, das mich in seiner Bildhaftigkeit unglaublich erfreut hat!

Kennt Ihr den Begriff „Smombie“? Das ist ein neues Jugendwort und wird auf Wikipedia wie folgt erklärt:

Smombie ist ein Kofferwort aus den Begriffen „Smartphone“ und „Zombie“. Laut Langenscheidt sind damit Menschen gemeint, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen.

Das Wort wurde 2015 im Auftrag des Langenscheidt-Verlags von einer Jury zum so genannten „Jugendwort des Jahres“ in Deutschland gewählt. Bei einer der Wahl vorausgehenden Onlineabstimmung hatte es nur einen der hinteren Plätze belegt.

Da das Wort vor der Nominierung zur Wahl des Jugendwortes des Jahres noch nicht im Internet aufgetaucht war, folgte eine Debatte darum, ob das Wort überhaupt in der Jugendsprache benutzt werde. Womöglich sei es eine reine Erfindung im Rahmen der Wahl.

Diese ganze Diskussion ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Werde ich alt?

Erklärung

Die Kombination Smombie aus Smartphone und Zombie finde ich persönlich ganz bezeichnend. Zeigt es doch auch, dass die Leute, die ständig in ihr Smartphone gucken, irgendwie nicht mehr ganz in dieser Welt sind. Ja, schon denkt man an Ampeln, die den ständig auf den Boden guckenden Menschen vor Unfällen bei der Überquerung einer Straße bewahren soll. Immer mehr Länder richten spezielle Gehwege für die Smombies ein: USA, Belgien, China und Litauen.

Smombie im Museum, Jungs sitzen auf einer Bank und schauen ins Smartphone.
Smombies im Museum

Nach einigen tödlichen Unfällen gibt es in Hawaii nun Strafgelder für Fussgänger, die mit dem Handy in der Hand am Straßenverkehr teilnehmen.

Kaum ein Jugendlicher kann sich heute ein Leben ohne Smartphone vorstellen. Selbst beim gemeinsamen Essen in Restaurants kann man sie beobachten: Sie unterhalten sich nicht mehr. Das Essen ist uninteressant, der Blick ist starr auf das Handy gerichtet.

Nun zu dem Wort, dem chinesischen Wort, das mir geschenkt wurde:

低 头 族dī tóu zú = sinken lassen + Kopf + Das Volk/die Gruppe = Leute, die den Kopf gesenkt halten = Smombie

Das finde ich sehr, sehr bildhaft und trifft den Punkt meiner Meinung nach besser als „Smombie“.

Danke, lieber Freund, für das Wort!

Hanns Guck in die Luft

Der Smombie erinnert mich an die Figur des „Hanns Guck-in-die-Luft“ aus dem Jahr 1844/45 von Heinrich Hoffman. Schon damals hat der Arzt sich Gedanken darum gemacht, was alles passieren kann, wenn man nicht auf seine Umgebung achtet.

Wenn der H a n s zur Schule ging,
Stets sein Blick am Himmel hing.
Nach den Dächern, Wolken, Schwalben
Schaut er aufwärts allenthalben:
Vor die eignen Füße dicht,
Ja, da sah der Bursche nicht,
Also daß ein jeder ruft:
„Seht den Hans Guck-in-die-Luft !“

Ich habe den Struwwelpeter und seine Geschichten überhaupt nicht gemocht. Aber die Verse bleiben in Erinnerung. Meine Mutter warnte mich, dass ich nicht Bücher lesenderweise hinaus ging, und verwies an den Hanns Guck-in-die-Luft. Das habe ich zeit meines Lebens beachtet. Umso erstaunlicher finde ich, das junge und eben auch ältere Menschen mit dem Blick aufs Handy rumlaufen.

蓬头彼得 • pengtou Bǐdé = das Büschel + Kopf + Peter = Struwwelpeter
Ja, das Buch gibt es auf Chinesisch!

Dem Buch wird teilweise aufgrund der Einschüchterungsgeschichten mit der Moral: „Wer nicht hören will, muss fühlen!“, Schwarze Pädagogik vorgeworfen, während andere die Geschichten lediglich als Schwarzen Humor und Satire sehen, um den Sachverhalt zu verdeutlichen. Wikipedia

Links

Der Artikel erschien schon 2019 auf dem Bambooblog

Ulrike

7 Gedanken zu „LieblingsChinesisch: Smombie“

  1. Dabei gibt es die Smartphones in der heutigen Ausprägung erst seit zwölf Jahren. Davor waren wir (jedenfalls ich) auf Internet-Cafés angewiesen, um E-Mails zu lesen und VirtualTourist aufzusuchen.

  2. Herrliche Geschichte! Kannst du dich erinnern? Früher wurde ich von meiner Mutter ermahnt, nicht im Gehen ein Buch zu lesen. Ein wenig erinnert mich das Ganze auch an „Hans guck in die Luft“. Die Menschen werden nicht schlauer. Eines Tages wird es auch bei uns hohe Bussgelder geben, wenn man als Fussgänger immer in sein Smartphone guckt.

  3. Mich hat vor einigen Wochen so ein weiblicher, junger Smombie über den Haufen gerannt. Das Haupt konzentriert auf ihr Mäusekino gesenkt bekam sie gar nicht mit, dass ich sie mehrmals laut angerufen hatte, und prallte mit voller Wucht gegen mich. Zum Glück ist nichts passiert – aber wenn ich gestürzt wäre, hätte ich die „Dame“ angezeigt. Ich habe ihr dann zu verstehen gegeben, dass sie gefälligst auf das reale Leben ringsum achten solle, wenn sie sich auf die Straße begibt. Sie stotterte mehrmals „Entschuldigung!“, und tapperte weiter. Ich drehte mich nach einigen Metern neugierig um – und da hatte sie schon wieder das Näschen in den Bildschirm ihres Smartphones vergraben…

  4. Wenn ich in der Straßenbahn junge Menschen mit ihrem Smartphone sehe, frage ich mich: Wie konnten wir Alten als Jugendliche eigentlich ohne Smartphone überleben und groß werden?

  5. Di tou zu,dieser Begriff ist auch lautmalerisch viel schöner. Ich weiß nicht, wie es richtig ausgesprochen wird, doch immer noch viel besser als Smombie.
    LG Martina

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