Peking – Eine Liebeserklärung

Peking Liebeserklärung

Fragt mich besser nicht, wie oft ich schon in Peking war. Das müssen mindestens 10 Male gewesen sein! Und doch: Ich freue mich darauf, immer wieder Neues und Unbekanntes zu entdecken. Das Eunuchen-Museum zum Beispiel. Für meine Reise 2017 steht auch das Nationalmuseum auf meinem Plan. Das war 2011 bei meinem letzten Besuch gerade erst wieder eröffnet worden und noch gar nicht fertig.

Peking Altstadt
Guizijian Straße

Ich fürchte, ich werde nie schaffen, nach Zhoukoudian zu fahren, dem Fundort des Peking-Menschen. Bei jedem Besuch steht eigentlich die Verbotene Stadt für mich auf dem Programm. 2017 habe ich es nicht gemacht, weil es Sonntag war und zu voll. Einen mir noch unbekannten Abschnitt der Großen Mauer bei Huanghuacheng habe ich 2015 besucht! Und den Stadtmauerpark am Bahnhof, und und und…

Ich freue mich schon sehr auf den nächsten Besuch in meiner „zweiten Heimat“!

Mein erster Besuch in Peking 1988

Nach einem langen Flug empfing mich Peking an einem frühen Dezembermorgen 1988 kalt und trübe. Ich hatte viele Stunden neben einer deutschen Geschäftsfrau gesessen, die mich mit großer Erfahrung und endlosen Geschichten zu China unterhalten hatte. „Wie? Niemand holt Sie vom Flughafen ab? Kein chinesisches Geld in der Tasche? Wie wollen Sie denn in die Stadt kommen?“ Diese Frau, die selbst sagte, dass sie mehr als 30 Mal in China gewesen war, verunsicherte mich zutiefst. Was wusste ich schon von China, das ich vor einem Jahr zum ersten Mal besucht hatte?

Müde und unsicher holte ich mein Gepäck vom Band. Und suchte als erstes eine Bank. In der trostlosen Empfangshalle des alten Flughafens gab es ein Büro der Bank of China. Aber die war geschlossen. Ich wandte mich an die Tourist-Information gleich daneben: „Wann macht die BoC auf?“ „Vielleicht morgen oder auch schon heute Mittag“ erklärte mir eine freundliche junge Dame. Ich wandte mich frustriert ab. Was mach ich nur? Hatte die Geschäftsfrau mit ihrer Unkerei, dass man in Peking nicht einfach so ankommen konnte, dass es keine Hilfe geben würde, recht? Mir standen die Tränen in den Augen.

Peking Liebeserklärung

Doch halt! So schnell lass ich mich doch nicht verunsichern! Wie war das letztes Jahr in China gewesen – mit all seinen Mei Yous (Hab ich nicht, gibt es nicht, versteh ich nicht)? Vielleicht hatte ich eben nur die falsche Frage gestellt! Mit entschlossenen Schritten kehrte ich zur Tourist-Info zurück: „Gibt es hier eine Bank, die jetzt geöffnet ist?“ „Sicherlich. Dort die Treppe hinauf!“ Innerhalb von 10 Minuten hatte ich Geld getauscht, dann ohne Probleme den Taxistand gefunden und saß im Wagen in die Stadt.

Damals

Damals (1988) glich der Weg einer Landstraße, rechts und links graue staubige Bäume und Felder. Kleine Dörfer mit Häusern, die sich im scharfen Wind duckten. Ihre Farbe war genauso grau wie die trockenen Äcker. Der erste Eindruck konnte kaum trostloser sein. Je näher wir dem Zentrum kamen, desto mehr Menschen, Eselskarren und Autos sah ich. Die Häuser wurden höher und drängten sich aneinander. Ich konnte einen ersten Blick auf das Tor des Himmlischen Friedens erhaschen.

Als ich im Hotel ankam, mein Zimmer sofort beziehen konnte, war ich so überdreht trotz aller Müdigkeit, dass ich nur schnell meinen Rucksack aufs Bett warf und mich auf meinen ersten Erkundungsgang machte. Es war Dezember, bitterkalt, windig und staubig. Ich spürte das kaum.

Wie mit einem inneren Kompass ausgestattet fand ich meinen Weg durch die kleinen und großen Straßen zum Platz des Himmlischen Friedens. In den Gassen voller Menschen, die so fremdartig und doch vertraut aussahen, spürte ich es zum ersten Mal ganz deutlich: Hier hatte ich in einem früheren Leben gewohnt! Dies ist meine Stadt!

Im Winter 1988 konnte ich die Luftverschmutzung riechen. Aus zahllosen kleinen Öfen quoll der Qualm der Kohlestaubbriketts, mit denen die einfachen alten Häuser geheizt wurden, auf denen gekocht wurde und das heiße Wasser brodelte.

Der Verkehr dagegen war überschaubar. Ich konnte sogar noch zu Fuß die 6-spurige Changan-Straße vor dem Peking-Hotel überqueren. In meinem Tagebuch finde ich den Eintrag: „Angesichts der breiten Straßen denke ich, dass man in den nächsten Jahren mit einer deutlichen Zunahme des Verkehrs rechnet.“ Mit den endlosen Staus 25 Jahre später rechnete damals allerdings noch niemand.

Peking, Kohlestaubbriketts
2009: Immer noch gehören die Kohlestaubbriketts zum Alltag in Peking

Meinen Artikel zu Peking und die Luftverschmutzung findet Ihr hier

Immer wieder

Seit diesem ersten Besuch in Peking habe ich viele Male die Verbotene Stadt besucht, die Hochhäuser quasi wie Pilze wachsen sehen, neue Museen erkundet, alte Tempel entdeckt und mit Freude und Bewunderung gesehen, wie bunt das Leben in Peking wurde und wie offen die Menschen mittlerweile auf Fremde zugehen. Was für ein Segen dieses moderne U-Bahn-System ist mit allen Beschriftungen in unserer Schrift! Das umfangreich renovierte Nationalmuseum gibt endlich den wunderbaren Kunstwerken und Errungenschaften der chinesischen Geschichte den angemessenen Rahmen.

Auf dem Markt in Peking
Erdbeeren

Obwohl sich so viel geändert hat, gibt es doch so etwas wie die Pekinger Seele, die sich zwar entwickelt, die aber noch so ist wie damals, vor 30 Jahren. Man findet sie auf den zahlreichen Märkten, morgens ganz früh, wenn die Menschen draußen ihre Gymnastik-Übungen machen, in den Parks, wo die Großmütter ihre Enkelkinder bespaßen. Es wird gelacht, gesungen und getanzt. Lebensfreude ist überall spürbar. In der Verbotenen Stadt findet man mittlerweile Sitzgelegenheiten und sogar Cafés! Da macht das Besichtigen so richtig Spaß!

Auch die große, manchmal fast kindliche Konsumfreude der Chinesen macht mir Spaß. Es ist noch nicht so lange her, dass fast alles grau, blau und grün war. Das Angebot in den Geschäften war sehr eingeschränkt, die Möglichkeiten begrenzt. Vor 30 Jahren lebten noch 80% der Chinesen unter der Armutsgrenze, heute sind es (nur) noch rund 20% oder weniger.

Fahrräder

Heute sind die Fahrräder fast aus dem Stadtbild verschwunden, weil sich die Menschen mindestens ein Moped leisten können.

Fahrrad mieten in Peking
Fahrradstation
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2019 muss ich mich korrigieren: Fahrräder sind zahlreich in Peking und unübersehbar mit den knalligen Farben der Verleiher. Das funktioniert wie bei uns die City-Räder. Für das Mieten reicht eine Handy-App. Was würden die Chinesen heute ohne ihr Handy machen!

Natürlich tut es mir auch weh, wenn die alten Wohnquartiere, die Hutongs, den großen Straßen und Hochhäusern weichen müssen. Doch wer will schon wirklich in den alten Häusern, ohne Wärmedämmung, ohne fließend Wasser, auf engstem Raum, leben? Da ist es gut, dass einige Häuser umfangreich renoviert werden. Die Originalität geht aber in jedem Fall verloren, denn die Menschen, die in den Hutongs lebten, hatten nie so viel Platz und Badezimmer, wie jetzt eingebaut werden. Mehr zu einem lebhaften Hutong-Viertel in Peking: die Xicheng Hutongs.

Peking Liebeserklärung
Markt in Pekings Altstadt Xicheng

Trotzdem: Ich liebe Peking, eine Stadt, die sich mit viel kindlicher Freude in die Zukunft stürzt, nicht immer alles gut überlegt, aber doch voll des guten Willens ist. Dabei entsteht sehr viel Schönes, das hoffentlich die Schatten verblassen lässt. Immer wenn ich in Peking zu viel von Lärm, Autos und Wolkenkratzern habe, dann bleibt immer die Verbotene Stadt, in der ich mich an der Schönheit der chinesischen Kunst, dem großen Geschick seiner Handwerker und Künstler und der großartigen Geschichte des Landes erfreuen kann.

Wenn es also bei Wikipedia heißt, dass „Heimat eine räumlich-soziale Einheit mittlerer Reichweite, in welcher der Mensch Sicherheit und Verlässlichkeit seines Daseins erfahren kann, sowie ein Ort tieferen Vertrauens“ ist, dann ist Peking in diesem Sinne meine Heimat, meine zweite, denn ich habe da ja noch Hamburg.

Peking
Wenn ich aus dem Trubel der Metropole Peking fliehen will, bleibt mir immer noch die Verbotene Stadt

Dies Video zeigt wundervoll, was ich an Peking so liebe!

Museum für Frauen und Kinder von außen
Museum für Frauen und Kinder – tolle moderne Architektur
Kind in Peking
Peking
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11 Kommentare

  • Es freut mich, dass Dir Peking gut gefallen hat! Es ist eine faszinierende Stadt, nicht immer einfach und nicht überall schön, aber es gibt immer was zu entdecken und beobachten. LG Ulrike

  • Das kann ich sehr gut verstehen, dass Du Peking liebst. Nach den ersten Irrungen und Wirrungen als Sprachunkundige haben wir die vielen Facetten kennen- und lieben gelernt. Ich würde gerne wieder dorthin, es gibt so viel zu entdecken. LG Marie

  • Danke für Deinen Kommentar! Ich treffe sonst eher auf Unverständnis, wenn ich sage, dass ich Peking sehr liebe. Ich fahre bald wieder hin und freue mich schon drauf, zum xten Mal die Verbotene Stadt zu sehen. Und auf das Leben in Pekings Straßen, und auf Baozi zum Frühstück.
    LG
    Ulrike

  • Was für ein schöner Artikel! Danke!

    Ich habe beim Lesen fast die Augen zugemacht und bin mit Dir ins Peking Deiner Erinnerung gereist. Du warst zwei Jahre vor mir dort, ich hatte damals sogar ein wenig illegal eingeführte Yuan in der Tasche, damit ich vom Flughafen weg komme, aber sonst stand ich ähnlich da. Wie einfach ist es heute! Und wie bunt und laut, und immer noch Peking, nur moderner. Ich finde es immer so schön, zwischen all den modernen Wolkenkratzern bekanntes wieder zu finden. Spannend. Unser Lieblingsland.

  • Fein! Ich wünsche schon jetzt viel Spaß und tolle Eindrücke aus China. Wir bereiten zur Zeit unseren Urlaub vor, den wir im August … na wo? … in … Japan verbringen 😉

  • bambooblog

    Ich schwebe auf kleinen rosaroten Wölkchen! Danke für Deine Mitfreude!

  • Deine Vorfreude ist ganz deutlich zwischen den Worten und Zeilen zu lesen. 🙂
    Ich vorfreue mich mit dir. 😉

  • bambooblog

    Hihi, ja mich interessiert das Museum auch. Da es sich – noch nicht – um meine ganz private Urlaubsreise handelt, habe ich immer noch die Hoffnung, dass ich es dieses Jahr auch nach Shanghai und Fujian schaffe.

  • bambooblog

    Danke, ich hoffe, ich schaffe das. Das liegt nämlich etwas abseits. Aber da gibt es noch einen interessanten Tempel in der Nähe. Mal sehen!

  • Auf einen Bericht über das Eunuchenmuseum freue ich mich schon sehr !

  • Das freut mich, dass deine China-Reise jetzt endlich klappt! (nur schade, dass dich deine Route nun doch nicht nach Shanghai führt …)

    Über das Eunuchen-Museum musst du dann aber unbedingt berichten. Das klingt interessant!

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