Waisenkinder in China – Erfahrungen

Zuletzt aktualisiert vor 8 Monaten

Waisenkinder in China

Aktualisiert 2020. Den Verein Little Flowers of China gibt es leider nicht mehr. Es gibt einige meist amerikanische Projekte, die Waisenkinder in China unterstützen bzw. solche Kinderheime, wie hier beschrieben, betreiben. Auch Little Flowers hat selbst keine Heime gehabt, sondern diese privaten Heime unterstützt.

Reisebericht 2015

Besuch eines Waisenheims

Schon länger kenne ich Jana vom Verein Little Flowers of China, der sich um Waisenkinder in China sorgt. Der Verein sucht immer Menschen, die nach China reisen und bereit sind, Spenden zu den Pflegeheimen mitzunehmen.

Meine Mission – Windeln nach Peking

Im September 2015 war es soweit. Ich flog nach Peking und hatte in meinem Koffer 6 Pakete Windeln für Frühchen. Die nehmen erstaunlich viel Platz ein. Ja, auch das für mich ein Grund, warum ich nach China nie ohne einen großen Koffer reisen werde. Jedenfalls nicht, seit ich Jana und ihren Verein kenne.

Da ich vorher noch organisiert durch Shanxi reiste (mehr), hatte ich also diese Pakete eine ganze Weile mit mir rumgeschleppt. In Peking angekommen, machte ich mich an dem verabredeten Tag auf, um das Pflegeheim für Waisen am Rande Pekings zu besuchen. Es regnet, der Himmel mit schweren Wolken verhangen.

Frühchen Windeln für die Waisenkinder in China
Kurz, bevor ich zum Pflegeheim fahre

In dem Heim begrüßt man mich freudig. Es ist, als ob in den hellen freundlich gestalteten Räumen eine ganz spezielle Sonne strahlt. Bevor ich in die Räume mit den Babys darf, heißt es Schuhe ausziehen und Hände waschen: gründlich und mit Desinfektionsseife. Denn die Kinder, die hier so liebevoll gepflegt werden, sind meistens krank. Sie haben entweder eine Operation vor sich oder erholen sich von einer. Manche sind winzige Frühchen, die hier liebevoll aufgepäppelt werden. Allen ist eins gemeinsam: Sie wurden von ihren Eltern verlassen, ausgesetzt.

Im ersten Raum, den ich betrete, sitzen mehrere Frauen auf einem bunten Teppich und spielen mit den Babys. Manch eines wird herzlich an die Brust gedrückt: Känguruh-Zeit. Unter den Frauen sind auch einige westliche Frauen, die freiwillig und ehrenamtlich sich um die Babys kümmern.

Die kleine Ping lacht mich an, übers ganze Gesicht, mit einem zahnlosen Mund. Sie klatscht in die Hände und schmiegt sich dann verlegen an ihre Nanny. Man sieht ihr die traurige und schwierige Zeit, die hinter ihr liegt, kaum noch an. Ping kam mit einer Gaumenspalte zur Welt. Und einem Herzfehler. Wahrscheinlich war das der Grund, warum ihre Eltern sie vor die Tür des Waisenheims in Peking legten und sie verließen. Denn die notwendigen Operationen oder einen längeren Krankenhausaufenthalt können sich immer noch nicht viele Menschen in China leisten.

Nicht jedes Kind in einem chinesischen Waisenhaus ist elternlos

Welch schreckliche Vorstellung! Da gibt es eine Mutter, die ihr süßes Kind ausgesetzt hat! Welche Verzweiflung mag sie dazu getrieben haben? In China gibt es viele Gründe, die Eltern in die Verzweiflung treiben. Auch wenn die Armut nicht mehr ganz so schwer wiegt wie noch vor 10 Jahren, so mangelt es an vielen Ecken. Ein Neugeborenes, das zu früh zur Welt kam oder mit einer Behinderung, einer Krankheit stellt viele Eltern vor eine große Herausforderung.

Eine umfangreiche Krankenversicherung gibt es nicht. Die Kosten für eine Operation, die mehrere Tausend Euro kosten kann, lasten schwer auf der Familie und sind manchmal unerträglich. Handelt es sich noch dazu um eines der (bislang) nicht erlaubten 2. Kinder, das auch ohne gesundheitliche Probleme schwere finanzielle Belastungen mit sich bringt, dann mag es ausweglos erscheinen.

Das Kind wird ausgesetzt, wahrscheinlich oft mit der Hoffnung, dass sich ein Waisenhaus besser drum kümmern kann. Aber auch das ist in der Regel nicht der Fall. Ein Drittel der Pekinger Waisenhäuser kann man als „gut“ bezeichnen, ein weiteres Drittel ist „ganz ok“ und der Rest ist geradeheraus gesagt schlecht. Mittlerweile gibt es übrigens in Peking fünf Babyklappen, vom Prinzip her ähnlich wie die in deutschen Städten.

Unabhängige Organisationen kümmern sich um Waisenkinder in China

Da nun kommen die Unabhängigen Organisationen ins Spiel. Viele Vereine, meistens aus den USA, kümmern sich liebevoll um die Kleinen, sammeln Spenden und organisieren die notwendigen Operationen. In der Regel ist so ein Baby-Pflegeheim (denn richtige Waisenhäuser kann es nur von staatlicher Seite in China geben) eine Durchgangsstation.

Die chinesischen Waisenhäuser arbeiten häufig mit den privaten Hilfsorganisationen zusammen. Die Babys kommen ins Pflegeheim, das sucht dann den entsprechenden Arzt, das notwendige Krankenhaus. Nach der Operation wird das Kind gesund gepflegt. Aber auch an dieser Stelle wird es nicht alleine gelassen. Wenn das Kind gesund ist, kann es zurück ins Waisenheim oder es wird zur Adoption vermittelt. Sogar Wohngemeinschaften, ähnlich wie die Kinderdörfer, gibt es in China.

Little Flowers of China

Auch in Deutschland gibt es Menschen, die das Schicksal der ausgesetzten und verlassenen Kinder in China nicht kalt lässt. Da ist vor allem Jana Schmidt mit ihrem Verein „Little Flowers of China e.V.“ zu nennen. Seit 2012 setzt sich Jana zusammen mit vielen Freiwilligen dafür ein, den Waisenkindern zu helfen.

Erschreckende Zahlen findet man zu dem Thema auf ihrer Seite:

Laut UNICEF, gibt es mehr als 700.000 ausgesetzte und verwaiste Kinder in China, 90% dieser Kinder sind entweder krank oder körperlich/ geistig behindert, dies ist oft ein Grund, warum sie ausgesetzt werden.

Der Grevenkoper Verein „Little Flowers of China“ unterstützt Heime in Peking, Shanghai und anderswo in China. Unermüdlich sammelt Jana Spenden, fragt Hersteller von Baby-Bedarf an, koordiniert den Transport der Spenden nach China. Eigentlich möchte man meinen, dass dies ein Vollzeitjob ist. Sie macht es ehrenamtlich und mit großartigem Engagement von Zuhause aus.

Es ist wichtig, dass nicht nur Geld gespendet wird. Manches besondere Gerät, das für die Pflege der Babys benötigt wird, ist in China nur schwer oder nur sehr teuer zu erhalten. Zum Beispiel die winzigen Windeln für Frühchen oder spezielle Fläschchen für die Kinder mit Gaumenspalte.

So ist Jana froh über jeden, der sich bereit erklärt, einen Koffer voll der wichtigen und notwendigen Sachspenden mit nach China zu nehmen. Dann sind die Geldspenden frei, um für die Kosten einer entsprechenden Operation und die anschließende Pflege verwendet werden zu können.

Ich habe mich dafür entschieden, keine Fotos von den Kindern zu zeigen.  Geschichten von Waisenkinder in China.

Da es den deutschen Verein nicht mehr gibt, habe ich auf das Projekt in Peking verlinked.

Dann habe ich da noch einen interessanten Artikel gefunden. Eine junge Frau, die in China geboren, ausgesetzt und in Amerika adoptiert wurde, schildert ihre Suche nach ihrer leiblichen Mutter in China. Dabei trifft sie viele Frauen, die einst ihr Baby ausgesetzt hatten. Diese beschreiben ihre Qual, ihr Leid, das sie beim Verlassen des eigenen Kindes empfanden  und dem verzweifelten Wunsch mancher, ihr Kind wiederzufinden. Lest selbst

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Ulrike

16 Gedanken zu „Waisenkinder in China – Erfahrungen“

  1. Hallo Ulrike. Es hat nicht nur mit dem Buddhismus und Karma zu tun. Auch in christlich-katholisch geprägtem Umfeld in Vietnam versteckt man Behinderte lieber als sie konstruktiv in die Gesellschaft aufzunehmen. Weil sie nicht produktiv sein können wie gesunde Menschen und für die Eltern eine vermeintliche Last sind und nicht zur Altersvorsorge taugen.
    Übrigens:
    Während meiner China-Reise 2006 musste ich in Shanghai in Parks einige erschreckende Szenen beobachten, wie schwer Behinderte den ganzen Tag in Parks rumlungern müssen. Ich weiss nicht, ob sie von den Verwandten dort geparkt werden oder ob sie alleine für sich betteln müssen, um über die Runden zu kommen. Der Umgang mit Behinderten in Asien ist für mich wirklich grausam. Ich hoffe, das bessert sich – aus der Mitte der Gesellschaft.

  2. Hallo Helga,
    ich muss noch etwas nachschieben: Dass Behinderte in Ländern wie Vietnam oder Thailand als „Strafe“ gesehen werden, hängt mit einem falsch verstandenen Buddhismus zusammen. Wenn jemand behindert zur Welt kommt, so wird gesagt, dass das daher kommt, weil er in einem früheren Leben eine schlechte Tat begangen hat. Sein schlechtes Karma zeigt sich in der schlechten Wiedergeburt. Das ist etwas, was in China meistens keine Rolle spielt.
    LG
    Ulrike

  3. Dafür hast du meinen grössten Resepkt verdient! Den Menschen ist es herzlich egal, wie langsam oder schnell Staaten sich verändern und reagieren. Sie brauchen die Hilfe jetzt.

  4. ich verstehe deinen Standpunkt. Doch ich weiß, dass in China sehr viel getan wird. Man versucht, die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern, Krankenversicherungen und soziale Netzwerke müssen erst noch aufgebaut und verbessert werden. Das geht nicht so schnell. Von der Leiterin eines der Waisenheime habe ich viel erfahren. Und Regierungen kann man nicht „zwingen“. Deshalb sind nichtstaatliche Organisationen wichtig.
    Ich selbst helfe hier in Hamburg regelmäßig bei der Bahnhofsmission. Klar, kann man auch hier sagen, der Staat müsste viel mehr tun (Wohnungen, Hilfe für Familien und Behinderte), Aber das bringt uns nicht weiter. Es ist auch wichtig und richtig, dass den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, unabhängig vom Staat zu helfen.
    Ich bin eben doch mehr für aktive Hilfe als für politische Worte.

  5. Liebe Ulrike, natürlich sind meine Worte unnützer als das Helfen vor Ort.
    Ich kenne das alles aus erster Hand: ich bin ein Kind mit Handicap, adopiert aus einem 3. Welt-Land, wegen mangelnder finanzieller Mittel und nicht wegen fehlender Eltern. Auch ich habe von einem katholischen Kloster/Hilfswerk/Heim vor Ort profitiert. Deswegen beschäftigt mich das Thema ganz besoners. Jedoch muss man das Ganze immer im Gesamtkontext sehen. Gerade in aufstrebenden Ländern müssen die Regierungen in die Pflicht genommen werden – mit internationalem Druck!
    Falls dieser Beitrag für dich nicht konstruktiv ist, dann tut es mir leid. Aber ich sehe ausländische Hilfswerke immer auch im kritischen Licht, so viel Gutes sie auch tun. Liebe Grüsse.

  6. Leider weiss ich aus Asien (mein Freund ist aus Vietnam), dass viele behinderte Kinder augesetzt werden, nicht weil die Eltern sich die Behandlung nicht leisten können, sondern nicht WOLLEN. Eine Behinderung ist für viele Asiaten eine Strafe und man will sich nicht mit so einem Kind sehen lassen. So hart es für uns klingt…auch das ist die Realität.
    Umso wertvoller ist die Aufgabe dieser Heime. Nur sollte man die Regierung dazu bringen/zwingen können, diese zu finanzieren. Denn wenn der Staat sieht, dass es ja genügend Freiwillige und Spenden gibt, die sich um dieses unangenehme Thema kümmern, warum sollten sie dann eingreifen? So lassen sie schön die anderen machen und behalten das (in China vorhandene!) Geld für sich und ihre Günstlinge.
    Grüsse

  7. Ja, ich kenne das Buch von ihr. Sie schildert darin einige Einzelfälle, die mMn ein sehr einseitiges Bild der Situation der Frau in China zeigt. Mir schien es manchmal, als wenn man die Situation der Frau in Europa an so Einzelschicksalen wie Kampusch usw. erklären möchte. Deshalb kann ich nur dazu raten, das Buch von ihr kritisch zu lesen. Ich bin immer noch am überlegen, ob nicht eine Rezension dazu schreiben soll.
    LG
    Ulrike

  8. Kennst du die chinesische Journalistin Xinrii, die gerade zu diesem Thema immer wieder Bücher schreibt? Es fing mit einer Radiosendung an, wo Frauen anonym erzählen konnten, warum sie ihr Kind weggeben mussten/wollten … Das ist eine sehr anrührende Lektüre …

  9. Danke, Eva Maria, für Deinen Kommentar! Der hat mich an einen Artikel erinnert, den ich kürzlich gelesen habe und der mich zu Tränen gerührt hat. Eine junge Frau hat sich in China auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter gemacht. Darin schildern Frauen, die ihr Kind ausgesetzt haben, ihr großes Leid und ihre Sehnsucht nach dem Kind.
    Ich finde es toll, dass Ihr so ein Kind adoptiert habt!
    Beste Grüße
    Ulrike

  10. Hallo Ulrike.

    Dieser Beitrag geht mir sehr nah, weil wir unseren Sohn in China adoptiert haben. Toll, dass Jana sich für diese Kinder stark macht. Wir unterstützen immer noch das Heim, wo Junior aufgewachsen ist.

    Glaubst du, dass es „leichter“ (nicht emotional, aber kulturel bedingt) ist, ein Kind auszusetzen, weil man dafür auch Tradition hatte in China, vor allem bei Mädchen?
    Uns wurde gesagt, dass die Scham, ein Kind auszusetzen sehr gross ist. Deshalb ist es immer noch schwer, die biologischen Eltern zu finden. In China sind fast alle zur Adoption freigegebenen Kinder Findelkinder.

    Lieben Gruss, Eva Maria

  11. Danke, meine Liebe! Aber die Anerkennung gilt vor allem Jana von Little Flowers. Ich bin da nur ein ganz kleines Licht.
    LG
    Ulrike

  12. Hallo, Mayumi,
    genaue Zahlen habe ich nicht. Aber es sind definitiv mehr Mädchen als Jungen,
    Ich wünsche Euch viel Erfolg für Euer Vorhaben!
    LG
    Ulrike

  13. Weißt du zufällig, wie hoch das Verhältnis Jungen – Mädchen in solchen Heimen ist?

    Zwar gibt es in Japan weniger Geburten, aber trotzdem verlassene Kinder. Die Tante und Ken haben für uns ein Heim gefunden, das wir besuchen wollen. Rate warum. 😉

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!