Jaywalking

Zuletzt aktualisiert vor 1 Jahr

Jaywalking bedeutet, dass Menschen eine Straße überqueren, wo sie es eigentlich nicht dürfen. Also zum Beispiel an einer roten Ampel. Wikipedia verrät außerdem, dass der Begriff „Jaywalking“ zum ersten Mal 1917 im Oxford English Dictionary auftauchte. Das Wort setzt sich zusammen aus „jay“ = eine unerfahrene Person. Dies war einst auch ein beliebter Fluch. Und „walking“ = gehen. Ich möchte es gerne als „Idiotisches Gehen“ übersetzen.

In China sieht man dies recht oft und letztendlich bleibt einem nichts anderes übrig, als mitzumachen:

Ampelanlagen sind
in Deutschland definitiv
in Italien fakultativ
und in China dekorativ

Dekorative Ampel beim Jinsha-Museum in Chengdu
Dekorative Ampel beim Jinsha-Museum in Chengdu

Das ist mein Lieblingsspruch, erzählt von einer chinesischen Reiseleiterin. Das „dekorativ“ war dabei sicherlich nicht in dem Sinne dieser hübschen Fußgängerampel in Chengdu, Provinz Sichuan, gemeint.

In China war es eigentlich schon immer so, dass man über die Ampel ging, wenn aus keiner Richtung Gefahr drohte, unabhängig davon, ob nun gerade rot oder grün war. Auch ich hatte mich schnell daran gewöhnt. Und manchmal tönt mir noch die Mahnung meines Mannes im Ohr: „Du bist hier nicht in China!“, wenn ich die rote Fußgängerampel ignoriere, weil weit und breit kein Auto zu sehen ist.

Im Verkehrsgewimmel der chinesischen Großstädte entwickelte sich dann das Jaywalking, wo durch die Masse an Fußgängern die Sicherheit des Einzelnen hergestellt wurde. Jaywalking bezeichnet eigentlich das unkontrollierte regelwidrige Queren einer Straße durch Fußgänger.

Jaywalking in Chengdu. Man beachte die rote Ampel!
Jaywalking in Chengdu. Man beachte die rote Ampel!

Die spezielle chinesische Form des Jaywalking

An einer Fußgängerampel, die an einer Kreuzung oder sonstwo Rot zeigt, stoppen die ersten Fußgänger. Die Autos  fahren. Mehr Fußgänger sammeln sich hinter den Leuten in der ersten Reihe. Es werden immer mehr, die Menschen drängen nach vorne. Die Ampel steht immer noch auf Rot. Das Schieben von hinten wird so stark, dass der erste vorne einen zögernden Schritt auf die Straße macht. Weitere folgen. Erste Autofahrer stoppen irritiert. Und dann bricht der Sturm los:

Die Menschenmasse überquert die Straße, die Ampel zeigt immer noch Rot. Der Verkehr kommt zum Erliegen. Es wird Grün, die Fußgänger strömen über die Straße. Der Strom kommt nur langsam zum Halten, wenn die Ampel auf Rot springt. Übrigens kann man dieses Verhalten auch manchmal an der Ampel vor dem Hamburger Hauptbahnhof zur Spitalerstraße beobachten. 😉

Verkehrsregler in Peking, Qianmen
Verkehrsregler in Peking, Qianmen

Diesem Verhalten möchte man in China mit Erziehung und Ermahnung und seit einiger Zeit auch mit satten Strafen begegnen. An den Kreuzungen stehen Männer und Frauen, ausgerüstet mit Warnweste, Kappe, Trillerpfeife und Fähnchen. Wenn nun jemand die Kreuzung bei Rot betritt, ertönt ein schriller Pfiff und die Fahne scheucht den Sünder zurück ins Glied.

Zu der Verkehrserziehung per SMS hier ein schöner Artikel aus Shanghai: Anekdote

Aufpasser an einer Kreuzung in Chengdu
Aufpasser an einer Kreuzung in Chengdu

Eigentlich gibt es diese Aufpasser und Verkehrsregler schon sehr lange. Man hat diese Maßnahmen verschärft und manchmal gibt es gleich am Straßenrand intensiven Verkehrsunterricht. Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass sich was verbessert hat.

Verkehrserziehung am Straßenrand
Verkehrserziehung am Straßenrand

Aktualisiert 29.04.17: Manche Städte greifen zu erstaunlichen Maßnahmen, um das Jaywalking zu stoppen:
Tanzende Kinder
Die rote Linie
Automatische Schranken in Wuhan

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5 Kommentare

  • So prägt uns das Reisen! 🙂

  • Jaywalking wird in New York auch sehr gepflegt. 😀 Bei meinem ersten Besuch dort bin ich noch brav wie ein Lämmchen an jeder roten Ampel stehen geblieben, und habe viele erstaunte Blicke kassiert. Nach einigen Tagen hatte ich mich dann „angepasst“ und mich auch dem jaywalking hingegeben. 😉

  • Ich kann auch nicht beschwören, dass es noch so ist, aber vor ca. 10 Jahren war es noch so 🙂

  • Hihi, Ampeln sind so ein richtiges Kulturmerkmal. In Edinburgh schalten an Kreuzungen alle vier Fußgängerampeln gleichzeitig auf grün. Sobald man das spitzgekriegt hat, macht man es wie die Einheimischen: nicht über die schön markierte Fläche auf die andere Seite laufen, sondern quer über die Kreuzung genau in die Richtung, in die man will 🙂 Hach, ich vermisse Schottland so…

  • BambooBlog

    Quer über die Kreuzung ist genial! Ich hab das in Japan gesehen. Wusste gar nicht, dass es das in Schottland gibt.

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