Das schönste Dorf der Welt

„Die wahre Schönheit eines Landes liegt meist in den Dörfern!“ Dieser Spruch eines Blogger-Kollegen regt mich zum Widerspruch an. Für mich setzt sich die Schönheit eines Landes aus vielen Aspekten zusammen: Die Landschaft, die Menschen, die Geschichte, Architektur und Natur. Und natürlich gibt es überall auch hässliches.

Wuzhen, Kleinstadt in Chins.
Wuzhen

So ist für mich Indien eines der schönsten Länder der Welt. Es gibt dort unglaublich schöne Gebäude, Beispiel Taj Mahal, eine üppige und blühende Natur und wunderschöne Menschen. Daneben gibt es aber auch den Schmutz, die Armut und die Männer. Naja, das gehört nicht hierher.

Mache ich mich in Indien auf die Suche nach dem „schönsten Dorf“, muss ich schnell feststellen, dass Indien dafür nicht das richtige Land ist. Die Dörfer sind arm, die einfachen Lehmhäuser selten schön. Aber ich war nicht überall. Deshalb will ich auch nicht für ganz Indien schreiben.

Schreibe ich also von China, dem Land, das ich neben Deutschland am besten kenne. Das „schönste Dorf“ in China? Das ist eigentlich schwer zu finden. Zunächst überlege ich, was ein Dorf in China ist. Selbst Orte, die wir hier als Großstädte bezeichnen würden, mit mehr als 100.000 Einwohnern, werden in China noch ein Dorf genannt.

Es gibt noch alte schöne Dörfer. Mir gefallen besonders die wunderschönen Wasserdörfer im Yangtze-Delta. Alle einfach von Shanghai zu erreichen und für den Tourismus gepflegt und in einem guten Zustand erhalten. Manche sind heute allerdings nicht viel mehr als ein Freilichtmuseum.

Zum Beispiel Wuzhen.

Dieses Wasserdorf ist das schönste Dorf, das ich in China kenne, mit liebevoll renovierten Holzhäusern, kleinen Museen, Gärten und Parks. In Wuzhen erfahre ich viel über die Geschichte und das Leben in China. So gibt es ein hochinteressantes Hochzeitsmuseum, in dem nicht nur traditionelle Brautkleider und alles rund um die Hochzeit gezeigt wird, sondern auch Hochzeitsurkunden bis in die Neuzeit. In einer kleinen Ausstellung ein paar Häuser weiter kann man sich über die Tradition des Füssebindens informieren.

Dann gibt es da noch eine alte Färberei, eine Metallwerkstatt, eine Töpferei, einen Sojasoßenhersteller und mehr. Man kann sich tagelang dort rumtreiben und stündlich etwas Neues entdecken und lernen. Das Schönste ist, dass man mitten in Wuzhen in einem der alten Häuser übernachten kann. Wuzhen hat rund 60.000 Einwohner – ein Dorf von chinesischen Ausmaßen.

Mehr zu Wuzhen

Ich habe noch viele andere schöne Dörfer in China gesehen. Doch werde ich hier keine anderen nennen. Denn sobald ein Geheimtipp im Internet veröffentlicht wird, ist es kein Geheimtipp mehr. Dann kommen die Touristen und das schöne Dorf verliert seinen Charakter.

Das schönste Dorf in Deutschland

Das schönste Dorf, nein, die schönsten Dörfer, die ich kenne, liegen in Deutschland, im Wendland.

Satemin, schönstes Dorf im Wendland.
Satemin

Die alten Rundlingsdörfer der Slawen mit den großartigen fein und detailreich erbauten Bauernhäusern, die sich um einen Dorfmittelpunkt gruppieren, sind die harmonischsten und idyllischsten Dörfer, die ich kenne. Unbedingt sehenswert! Mehr: region-wendland.de

Dies ist mein Beitrag zur Blogparade von Oliver Zwahlen vom Weltreiseforum „das schönste Dorf der Welt“. Die Blogparade ist beendet.

2022: Mehr schöne Dorfer

Das 9Euro-Ticket im Sommer 2022 regt mich an, Dörfer in der Nähe von Hamburg zu erlunden, u.a. Kirchwerder. Ja, auch in unmittelbarer Umgebung der Großstadt Hamburg gibt es Dörfer, die einen zweiten Blick verdient haben.

Kirchwerder, schönes Dorf bei Hamburg.
Kirchwerder

Kirchwerder: Ein kleiner Teich bildet den Mittelpunkt. Unterm Deich, der an der Gose-Elbe, einem Seitenarm der Elbe, liegt, ducken sich die schönen Einfamilienhäuser. Auch einige alte reetgedeckte Häuser sind dabei.

Links

Dieser Artikel erschien zuerst 2014. Überarbeitet und ergänzt Januar 2023.

Ulrike

19 Gedanken zu „Das schönste Dorf der Welt“

  1. Oh, Whuzen klingt ja wunderbar! Mein Lieblingsdorf, hm, liegt jedenfalls in Englands Südwesten. Welches jetzt genau – schwer zu sagen. Spontan fällt mir Dunster ein, ist aber mit seinen 2000 Einwohnern für englische Verhältnisse fast schon wieder zu groß für ein Dorf 😉

  2. Ich bin da auch eher bei Ulrike: Authenzität ist dort, wo es Menschen gibt. Aber die Frage ist ohnehin, was authentisch genau bedeutet und ob wir uns mit diesem Begriff überhaupt in einer sinnvollen Kategorie bewegen.

    Um beim Beispiel China zu bleiben: Die chinesischen Städte sind unglaublich authentisch, weil man dort das Leben mit all seinem Glück und Leiden von Millionen Gegenwartschinesen mit verfolgen kann. Echt und ungekünstelt. Und wer über ein bisschen Interesse verfügt, findet auch leicht Zugang zu den Menschen.

    Gleichzeitig sind die Städte aber auch der Ort, wo die Menschen entwurzelt sind, mit der Modernität nicht mithalten können. Selbst Chinesen klagen über den Identitäts- und Werteverlust in den Städten. Ich denke, Ulrike kennt China gut genug, um zu wissen, was ich meine.

    Auf dem Land ist dieser Entwurzelung schwächer, weil dort das traditionelle Gefüge noch viel besser funktioniert. Ich denke, dass wir uns in diesem Zusammenhang auch von der Vorstellung lösen müssen, dass authentisch und traditionell deckungsgleiche Begriffe sind. In China aber auch in den meisten anderen Ländern, die sich entwickelt haben, ist das nämlich nicht der Fall.

  3. Oh, ein gespaltenes Verhältnis zu Indien habe ich auch. Und ich kenne ehrlich gesagt niemand, der das nicht hätte. 🙂

  4. Danke für die netten Worte. Ich möchte aus meiner langen Reiseerfahrung aber widersprechen. Ein Land ist authentisch erfahrbar da, wo die Menschen sind. Wenn die Menschen in den Städten leben, dann ist das mindestens genauso authentisch wie das Leben auf dem Land in den Dörfern. Und erst das Erfassen möglichst vieler Aspekte, also sowohl der großen als auch der kleinen Sehenswürdigkeiten, der Geschichte, der städtischen Kultur, der Wirtschaft und der Landwirtschaft, der Natur und der Kunst usw. trägt zu einem objektiven Bild einer Kultur bei. Und in China gibt es kaum einen besseren Platz, das authentische China zu spüren und zu erleben, als ein Park in einer Großstadt. Dort trifft man die Chinesen wie sie sind und waren.

  5. Schöner Beitrag! Wenn ich es dann auch endlich mal nach Asien schaffe, möchte ich mir gerade diese „kleinen“ Städte besonders ansehen, da ich mit hektischen Großstädten eher schlecht umgehen kann. Eine Großstadt ist global, „verweltlich“. Viele Millionenstädte ähneln sich mittlerweile in ihrer Lebensart und -weise, zumindest meiner Erfahrung nach. Dass die wahre Schönheit in den Dörfern liegt, ist wohl insofern wahr, als dass hier die nationale oder regionale Kultur eher erhalten bzw spür- une erlebbar bleibt, sozusagen das Erfahren eines Landes ohne die großen Sehenswürdigkeiten.

  6. Nachtrag zu Deinem Foto von Naggar: Sieht toll aus! Aber da kommt ja noch das Gebirge hinzu! Nicht meine Welt 😉

  7. Danke für Deine ausführliche Antwort! Ich habe ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Indien. War damals insgesamt ca. 3 Monate dort. Aber ich bin sowieso mehr die Stadtmaus 😉 Ich liebe China und bin gerade am Überlegen, ob ich noch mehr über Wuzhen schreiben soll. Mal sehen! LG Ulrike

  8. Vielen Dank, dass du an der Blogparade teilgenommen hast. Ich finde interessant, dass du in diesem Zusammenhang Indien genannt hast, denn als ich den Satz schrieb, dass die wahre Schönheit in den Dörfern liegt, dachte ich nämlich auch ganz fest an Indien.

    Natürlich besucht jeder andere Gegenden und gewinnt dadurch auch andere Eindrücke, die sich nicht so einfach verobjektivieren lassen. Aber meine Erfahrung (nach immerhin vier Monaten in Indien) war, dass dort die Städte schrecklich sind und man gerade auf dem Land tolle Orte findet.

    Da wären zum Beispiel die kleinen Ortschaften im Himalaya. Naggar gefiel mir in dieser Region zum Beispiel unglaublich gut (hier ein Bild: http://oli.weltreiseforum.com/wp-content/uploads/2012/01/P1210728.jpg). Aber auch in Zentralindien gefielen mir ganz kleinen Orte am besten wie etwa Mandu oder auch Maheshwar (Kleinstadt). Aber in Provinzen wie Jharkhand sieht das sicherlich nochmals anders aus.

  9. Das darf man auch nicht vergleichen. Es hat eine slawische Minderheit gegeben, die seit vielen Jahrhunderten in Norddeutschland leben. Das sind die Wenden. Im Spreewald gibt es auch eine slawische Minderheit: die Sorben, mir eigene Sprache und Gebräuchen. Das ist sehr interessant. Als Einstieg kannst Du mal hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Slawen_in_Deutschland
    Das Wendland ist leider sonst mehr durch Gorleben bekannt. st aber insgesamt unbedingt sehenswert!.

  10. Ich bin über die slawische Dörfer in Wendland gestolpert. Die Bilder zeigen keine typischen Häuser, die ich aus Dörfern in Russland und Weißrussland kenne. Wahrscheinlich sich nicht alle Slawen identisch.

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!