Pleiten, Pech und lästige Pannen unterwegs

Da ich seit vielen, vielen Jahren reise, kann ich so einiges zu dem Thema „Pleiten, Pech und Pannen auf Reisen“ erzählen. Wahrscheinlich könnte ich einen eigenen Blog damit füllen. 😉 Sicherlich wird noch die eine oder andere Geschichte ihren Weg in meinen Blog finden.

Ach, was wäre das Reisen ohne die Herausforderung des Unvorhergesehenen, ohne das Überwinden und Meistern von widrigen Umständen! Man hätte ja (fast) nichts zu erzählen. 😉

Hier also zwei meiner Geschichten zu dem Thema:

Ohne Koffer auf Business-Trip

1999 hatte mich das Glück erwischt: Ich konnte/durfte dienstlich nach Peking reisen! Ein elegantes Hotel wartete auf mich und ein paar Einladungen zum Business-Dinner. Also verzichtete ich auf meinen Rucksack und packte meinen Samsonite-Koffer mit allem, was man so braucht, um repräsentabel auszusehen, Kostüm und Strumpfhosen, hochhackige Pumps… Gar nicht so mein Ding, aber eben notwendig.

Luxus-Hotel
Luxus-Hotel

Morgens um Sechs landete ich in Peking. Müde und verwuschelt stand ich am Gepäckband. Und wartete. Und wartete. Irgendwann drehten nur noch zwei, drei unbekannte Koffer unbeachtet ihre Runden. Ein freundlicher Flughafenangestellter näherte sich mir vorsichtig und fragte mich auf Englisch, worauf ich warten würde. Ich runzelte die Stirn: Natürlich warte ich auf meinen Koffer, antwortete ich etwas barsch und guckte ihn misstrauisch an. „Da kommt kein Koffer mehr!“ teilte er mir mit.

Mein Schock wurde nur gedämpft von meiner müden Benommenheit. Kein Koffer? Kein Koffer! Folgsam ging ich mit dem Mann und füllte ein paar Formulare aus. Tapfer versicherte er mir, dass man sich kümmern würde und mir den Koffer so schnell wie möglich ins Hotel bringen würde. Aber das könne zwei drei Tage dauern. Oder gar nicht der Fall sein, dachte ich verwirrt.

Ich hatte wenigstens all meine Dokumente, Geld und einmal Wäsche zum Wechseln im Handgepäck. Also fuhr ich erstmal ins Hotel. Das Einchecken an der eleganten Rezeption war mir unendlich peinlich. Da wohnt man in einem so tollen Hotel und hat kein Gepäck dabei!

Dann kam die nächste peinliche Situation. Der Concierge war männlich und ich musste ihn fragen, wo ich mir Unterwäsche in meiner Größe kaufen kann. Man war wirklich sehr hilfsbereit. Glücklicherweise hatte ich an den ersten beiden Tagen noch keine Termine, so dass ich mir erstmal nur einen Pullover und eine Hose auf dem Silk-Market kaufte.

Entgegen aller Erwartung kam mein Koffer dann tatsächlich mit drei Tagen Verspätung an. Anhand der Labels konnte ich sehen, dass er mit einer ähnlichen Flugnummer nach Almaty, Kasachstan, geflogen war. Dankbar und glücklich nahm ich meine Sachen in Empfang. Die Airline ersetzte mir die Kosten. Alles war wieder gut.

Warum passiert sowas eigentlich nicht, wenn ich als Backpacker unterwegs bin? Dann hätte ich viel weniger Stress empfunden.

Das schlimmste Hotel

Freunde, macht Euch keine Gedanken! Das Hotel, das ich hier schildere, sowas habt Ihr einfach noch nicht erlebt! Ich reise gerne als Backpacker, bin schon in vielen einfachen bis einfachsten Hotels und Pensionen abgestiegen. Kakerlaken verseucht in Südchina, Wanzen im Bett in Bangkok, ein verrückter Japaner mit Machete als Nachbar in einem Schlafsaal, Schmutz, Ratten im Hinterhof. Irgendwann habe ich gedacht, ich hätte schon alles gesehen und erlebt. Doch es geht immer noch schlimmer!

Eigentlich kann ich das gar nicht zu den Pannen auf Reisen zählen. Denn es ist nichts schief gegangen, nichts passiert. Aber – lest selbst:

1992 war ich unterwegs in Westchina. Ich kam vom Karakorum-Highway in Pakistan nach Xinjiang. Von Kashgar aus wollte ich direkt nach Turfan, der Oase in der Taklamakan-Wüste. Das bedeutete damals eine dreitägige Busfahrt mit zwei Übernachtungen in kleinen Hotels am Busbahnhof.

Ich hatte mich mit einem deutschen Paar zusammengefunden. Es gab auch noch andere Westler in dem Bus. Den ganzen Tag Busfahrt, die endlose Steinwüste rechts und die kargen Abhänge des Tianshan links. Auf Dauer ist dies sehr ermüdend, um nicht zu sagen langweilig. Abwechslung boten ein Sandsturm – sehr beeindruckend – und die vielen Dörfer und Oasen unterwegs. Die erste Übernachtung war ok, einfach, nicht ganz sauber, aber erträglich.

Nach dem zweiten Tag freuten wir uns alle auf ein Bett, eventuell eine Dusche und etwas Erholung. Schließlich hielt der Bus auf einem Busbahnhof etwas entfernt von der nächsten Stadt. Was blieb uns anderes übrig, als in dem Busbahnhofshotel zu übernachten?! Das machte von außen einen guten Eindruck, irgendwie neu oder frisch renoviert.

Wir reihten uns in die Schlange an der Rezeption ein und beobachteten die Chinesen beim Einchecken, Schließlich bekamen auch wir unsere Zimmer zugewiesen, nicht ohne zu bemerken, dass wir mehr als die Chinesen bezahlten. Es war aber immer noch sehr preiswert.

Uns, d.h. die beiden Deutschen und mich, erwartete ein Zimmer im 1. Stock. Auf den ersten Blick war es sauber, auf den zweiten Blick sahen wir, dass die Laken schon mal benutzt waren und das Stroh aus dem kaputten Sessel quoll. Also breiteten wir unsere Schlafsäcke auf den Betten aus und machten uns auf, das „Hotel“ zu erkunden.

An dem Waschraum auf dem Stockwerk hing ein dickes Vorhängeschloss. Ich sprach schon ein wenig Chinesisch und bot an, an der Rezeption nach dem Schlüssel zu fragen. Das tat ich auch. Mir wurde nur lapidar geantwortet, dass man nicht daran denke, die Waschräume zu öffnen. Eine Waschstelle gäbe es im Erdgeschoss, Toiletten überm Hof.

Übles ahnend erkundete ich diese Örtlichkeiten: Ja, es gab eine Art Badezimmer mit einem Waschbecken und sogar einer Badewanne. Das war allen zugänglich, egal ob Mann oder Frau, ob Chinese oder Ausländer. Auch das wäre zu verkraften gewesen. Doch weder Waschbecken noch Badewanne hatten in den letzten Monaten eine Reinigung erlebt.

Das Wasser tropfte aus den kaputten Wasserhähnen und hinterließ rote Streifen wegen des Eisengehalts. Die Hähne ließen sich auch nicht aufdrehen. Man musste sich mit den Wassertropfen zufrieden geben. Damit man nicht allzu geschockt war, gab es nur eine funzelige Glühbirne an der Decke als Beleuchtung.

Pannen auf reisen: Das Badezimmer, 1992 am Rande der Taklamakan-Wüste
1992: Das „Badezimmer“. Die anderen Fotos mag ich Euch nicht zumuten 😉

Dann ging ich über den Hof hinter dem „Hotel“, auf dem einige stinkende Mülltonnen standen, um die Toiletten aufzusuchen. Die sahen auf den ersten Blick eben typisch chinesisch aus: Eine Wasserrinne, niedrige Mäuerchen zwischen den „Abteilen“, eine Funzelglühbirne. Die Glühbirne war so funzelig, dass ich kaum sah, wohin ich trat. Das war auch besser so! Mir war schnell klar, dass der Siff (und was auch immer) knöcheltief war und ich mich nur auf Zehenspitzen bewegen konnte. Ich freute mich über meine treuen hohen Lederboots, die mir die Illusion gaben, etwas Distanz zu dem Dreck zu haben.

Nichtsdestotrotz rauschte spätestens beim Anblick des Vorhofs zur Toilette das Adrenalin in meinen Adern. Wütend, schnaubend wie ein zorniger Bulle, lief ich zur Rezeption zurück. Dort verlangte ich, mit dem Manager zu sprechen. Der dicke Chinese stellte sich als solcher vor.

Als ich ihm sagte, was ich von den versifften Toiletten hielt, grinste er nur. Nein, die Waschräume auf unserem Stockwerk würden nicht geöffnet werden! Als ich empört sagte, dass ich es nicht einsehe, dass wir als Westler doppelt soviel wie die Chinesen zahlen würden und trotzdem in all dem Dreck säßen, antwortete er grinsend. „Das ist nicht richtig! Hier zahlt Ihr das Dreifache!“ Ja, das hat er wirklich gesagt!

Wutschnaubend zückte ich meine Kamera und sagte, ich würde Fotos machen und sobald ich in Peking sei, würde ich damit zum staatlichen Reisebüro CITS gehen. (Die haben die Kontrolle über die chinesischen Hotels, jedenfalls damals) Der Wirt blieb unbeeindruckt. Aber ich habe gehört, dass die Waschräume ein paar Tage später geöffnet und zugänglich waren.

Übrigens offenbarten erst die Fotos, die ich damals machte, das ganze Ausmaß des Drecks. Ich war dann nicht bei CITS. Aber ich hoffe, dass der Wirt sich doch ein paar Gedanken gemacht hat.

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Ulrike
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22 Gedanken zu „Pleiten, Pech und lästige Pannen unterwegs“

  1. Liebe Ulrike,
    toll, was du alles erlebst. Ich weiß, in diesem Moment bestimmt nicht toll, aber ich als Leserin freue mich über eine herrliche Geschichte 🙂
    Ich finde es großartig, dass du so unerschrocken durch die Welt reist.

    Liebe Grüße,
    Moni

  2. Danke für Deinen ausführlichen Kommentar! Mit Campingplätzen habe ich nicht viel Erfahrung. Manche Situationen (siehe Koffer) werden auch erst durch die spezielle Situation dramatisch. wenn ich damals mir nicht ausgerechnet ein Luxus-Hotel gegönnt hätte, dann wär das alles nicht so schlimm gewesen.

  3. Hallo Ulrike!

    Danke für deinen herrlich erfrischenden, ehrlichen Post zu Pech und Pannen auf Reisen. Also ich habe ja auch schon so einiges erlebt, aber dieses Hotel toppt echt alles. Da sind Campingplätze ja richtige Luxusanlagen dagegen, in solchen Schlafstätten muss man ja Angst haben, dass man sich irgendeine Krankheit/Infektion holt! Also nach einem solchen Urlaub ist man glaube ich froh, nach Hause oder in ein anderes Hotel wechseln zu können. Einen Seidenschlafsack für akute Notfälle hab ich auch immer mit eingepackt, ist nicht unnötig schwer und hat mir schon öfters gute Dienste geleistet. Die Geschichte mit dem verlorenen Koffer kommt mir übrigens sehr bekannt vor, sowas hab ich auch schon mal erlebt. War aber halb so schlimm, ich reise sowieso mit eher wenig Gepäck und habe mich dann vor Ort mit dem Nötigsten ausgestattet. 😉

  4. Danke für Deinen Kommentar! Damals war ich ja schon eine zeitlang unterwegs und hatte geglaubt, an einfache Hotels gewöhnt zu sein. Aber dieses kombiniert mit der Frechheit des Wirts war einfach der „worst case“. Und zum verspäteten Koffer: Ich bin etwas zu groß, um in China schnell Ersatz zu bekommen, vor allem an Unterwäsche.

  5. Es war am Ende der Reise, und ich war krank. Fieber und alles drum und dran. Also Seidenschlafsack raus, hinlegen, schlafen. Da war mir dann wirklich schon alles egal.

  6. 🙂 Auf dem Rückweg ist das mit dem verspäteten koffer nicht ganz so schlimm. Einen Seidenschlafsack habe ich mittlerweile auch. Aber benutzte Laken in einem 4-Sterne-Hotel in China? Hui da würde ich aber Krawall machen! Das hab ich auch schon in einem 3-Sterne-Hotel gemacht! Vielleicht erzähl ich mal die Geschichte…

  7. Ein nicht ganz sauberes Bett hatte ich auch schon mal – in einem 4-Sterne Hotel in Peking. Für solche Fälle ist immer der Seidenschlafsack mit dabei. Inzwischen habe ich mich so daran gewöhnt, ihn einzupacken, dass er im Februar sogar auf einem Business-Trip mit war 🙂 Da habe ich aber meinen richtigen Schlafsack auch dabei gehabt, weil ich vorher gehört habe, dass es in Spanien oft keine Heizungen gibt, und keine Daunendecken. Und ich habe ihn auch benötigt.

    Koffer nicht da, ist meinem Ex-Freund jedes mal passiert, wenn er umsteigen auf dem Heimweg von einem Business-Trip noch umsteigen musste 😀 Wir haben am Schluss nur noch darüber gelacht. Ob der Koffer zu Hause etwas später ankommt, ist ja dann auch egal.

  8. Lieber Thomas,
    manchmal bleibt einem gar nichts anderes übrig, als gewisse Zustände zu tolerieren oder besser gesagt, hinzunehmen. In vielen Ländern läuft man gegen eine Wand, wenn man sich beschwert oder gar sich ärgert. Bei benutzten Betten hilft der eigene Schlafsack, bei dreckigen Toiletten kann man – manchmal – in die Büsche gehen.;)
    LG
    Ulrike

  9. Hi Ulrike,

    Danke für diesen sehr eindrucksvollen Bericht für die Blogparade. Kaum zu glauben, dass es solche Zustände gibt und diese von anderen Reisenden auch noch toleriert werden.

    LG Thomas

  10. Liebe Mayumi, danke für Deinen Kommentar! Ich kann mir solche Zustände wie in dem beschriebenen Hotel in Japan gar nicht vorstellen. Dort war alles immer sehr sauber, auch in dem einfachen Backpacker-Hotel, in dem ich in Tokyo gewohnt habe.
    Die höheren Preise für Ausländer gab es in China früher mal. Das hat sich heute geändert.Aber es gibt halt viele kleine private Hotels in China, die nicht den erwarteten Standard bieten können..Deshalb durfte man früher als Westler nicht in solchen einfachen Hotels wohnen, bzw. nur, wenn es nicht anders ging. Aber dies Hotel in Xinjiang ist eine absolute Ausnahme. Sowas habe ich sonst nirgendwo erlebt. Und der Standard hat sich sehr gebessert.
    LG
    Ulrike
    p.s. ich werde mir deine Berichte gerne ansehen. Und gucke schon mal bei deinem vom letzten Jahr nach.

  11. Wieder ein spannender Bericht über China, liebe Ulrike. Vielen Dank dafür 🙂

    Wir leben / übernachten in Japan immer bei Verwandten. Natürlich waren wir auch schon im Land unterwegs. Dann waren es immer sehr gute Hotels. Zustände, wie du sie beschreibst, habe ich noch nie erlebt. Das hat aber vermutlich etwas mit dem Mensch vor Ort zu tun und ist nicht typisch für ein Land. Die hohen Preise für Ausländer finde ich komisch. Aber wirklich teuer war es ja wohl nicht.

    Ich hatte nach unserer Rückkehr aus Japan im letzten Sommer, einen dreiteiligen Bericht geschrieben. Interessiert haben sich dafür nur wenige Menschen. Wobei ich damals auch nur eine Handvoll LeserInnen hatte. So viel anders wird die Reise auch dieses Jahr nicht werden. Es stehen diverse Familientreffen auf dem Programm. Und meine Eltern haben auch geschäftlich dort zu tun.

    Die einzige „Pleite“ letztes Jahr, war die Belästigung von Yuki in diesem Restaurant. Auch Japaner können aufdringlich sein. Vor allem, wenn sie betrunken sind. Ich habe den Vorfall nicht explizit beschrieben, aber ihn nach kurzem Nachdenken doch im Blog gebracht.

  12. Liebe Wasana, danke für Deinen Kommentar! Weitere Geschichten kommen noch! Vor allem im Verlauf meiner Großen Reise 1991/92.
    Die Geschichte mit dem verrückten Japaner werde ich auf jeden Fall noch ausführlich berichten. 😉 Der war nicht gefährlich, nur eben verrückt.
    LG
    Ulrike

  13. Liebe Urlike,
    das sind ja richtige Mutproben die du erleben durftest. Und wenn man denkt, die Geschichte mit dem verrückten, Machete schwingenden Japaner könnte nicht noch gruseliger werden, kam dieses üble Hotel, wofür man das dreifache bezahlen musste – wahrscheinlich für das Abenteuer Badezimmer 🙂 Ich bin ja schon viel gereist, zwar natürlich nicht so viel wie du, aber sowas habe ich noch nie, auch nicht in Indien gesehen. Ich bin wirklich gespannt auf noch weitere Reiseberichte.
    Alles Liebe, Wasana

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