Von der Angst unterwegs – Uniformen

Von der Autorität dank Uniformen

Wer kennt es nicht? Wenn man reist, bleibt die Begegnung mit uniformierten Autoritäten nicht aus. Meisten passiert nichts und meistens merkt man kaum, dass man einer Autorität in die Augen geguckt hat, sei es der Zollbeamte, der Polizist oder der Soldat.

Polizist Uniformen

Doch dann gibt es die Situationen, wo man auf die Hilfe oder das Wohlwollen einer solchen Person angewiesen ist. Und immer ist sofort die Sorge da, ob man die gewünschte Hilfe auch bekommt, ob man schnell wieder raus ist, weit weg von dem Schlamassel, in dem man gerade steckt.

Ein paar Beispiele:

Chengde – Soldaten

Chengdde, Kleiner Potala-Palast
Chengde Kleiner Potala-Palast

Mein liebster chinesischer Kaiser Qianlong (1711 – 1799) hat im Sommerpalast von Chengde gerne seine Sommer verbracht. Während seiner langen Regierungszeit hat er etliche Tempel in Chengde errichten lassen, zum Beispiel den Putuo Zongcheng Tempel, der ein wenig an den Potala-Palast in Tibet erinnert. Ist klar, dass ich mir das ansehen musste!

An der Straße, an dem auch der „Kleine Potala“ liegt, liegen weitere Tempel wie an einer Schnur aufgereiht. Als ich in Chengde war (1993), machte ich mich auf, diese Tempel zu erkunden. Dabei wanderte ich auf einem oberhalb der offiziellen Straße gelegenen Weg.

Nachdem ich schon einige Tempel gesehen hatte, erreichte ich eine Kaserne. Irgendwelche Soldaten in dunklen Uniformen riefen mir was Unverständliches zu. Ich ließ mich nicht stören, ging zur Straße hinunter und wandte mich wieder den Tempeln zu, die dort liegen sollten. Nach wenigen Schritten erneutes Schreien und Rufen hinter mir.

Als ich dann laute Schritte im Galopp hinter mir hörte, drehte ich mich um und sah mich zwei schrecklich aussehenden Soldaten, die bis zu den Zähnen bewaffnet waren, gegenüber. In der Ferne rief und schimpfte ein Offizier. Ich verstand erstmal nur so viel, dass ich umkehren sollte. Was war hier los?

Widerwillig ging ich zurück, flankiert von den beiden Soldaten, die ihre Maschinengewehre umklammert und bereit hielten. Ich war mir eigentlich keiner Schuld bewusst, aber mir war ganz schön mulmig zumute. Als wir an dem Offizier vorbeikamen, verstand ich nur so viel aus seinem Geschrei, dass dies Militärgebiet sei und ich anscheinend ein Schild übersehen hatte, das vor dem Betreten warnte.

Noch einige Hundert Meter wurde ich unter Schutz der Soldaten bis zu einem Schild begleitet. Tatsächlich: Da stand auf Englisch, dass ab diesem Schild niemand weiter durfte. Ich zeigte den beiden Soldaten, ganz dumme Touristin, meinen Plan und versuchte zu erklären, dass ich nichts davon gewusst hätte, und dass ich doch diese wunderschönen Tempel sehen wollte. Der eine Soldat machte mir ärgerlich verständlich, dass dies ein antiker Plan war, und die dort eingezeichneten Tempel im Militärgebiet nicht mehr existieren würden. Dann war ich die beiden los und konnte mich erleichtert anderen Besichtigungen zuwenden.

Xi’an – Polizei

November 2009: Nach einem langen Ausflug in eisiger Kälte, mit Schneefall und viel Chinesisch sprechen, kam ich abends, im Dunkeln zurück nach Xi’an. Ich hatte mir mit einiger Mühe ein (nicht legales) Dreirad-Taxi erobert. Ich wollte zum Bahnhof und von dort zu Fuß zu meinem nahegelegenen Hostel. Vielleicht auch noch etwas einkaufen oder essen. Aber der Fahrer setzte mich in einiger Entfernung vom Bahnhof ab, wohl aus Angst, erwischt zu werden. Er deutete in die Richtung, in der ich den Bahnhof finden würde.

Dann stand ich da. Es schneite in dicken Flocken. Nach ein paar Schritten erreichte ich eine hohe, graue Mauer. Die Stadtmauer! Doch: Musste ich jetzt nach rechts? Oder nach links? Es war dunkel und im Schneefall konnte ich kaum etwas erkennen. Nichts, was wie der Bahnhof aussah. Kein Haus, das mir irgendwie bekannt vorkam.

Ich ging ein paar Schritte nach rechts. Doch die Umgebung wurde mir immer fremder. Es waren nur wenig Menschen bei dem Wetter unterwegs. Kaum Autos in Sicht. Ich war müde und erschöpft. Ich drehte mich um und suchte nach einer Lösung, einem Weg. So einsam und verlassen habe ich mich selten unterwegs gefühlt.

Dann sah ich es! Das Polizeiauto, das anscheinend die Kreuzung überwachte. Ein Polizeiauto! Mit Polizisten in schmucken Uniformen drin! Polizisten = Dein Freund und Helfer! Dass ich in China war, dass hier dieses „Freund und Helfer“ nur bedingt gilt: Völlig vergessen! Ich ging auf das Auto zu und klopfte an die Scheibe. Staunende Augen eines Uniformierten, der mich auf Chinesisch ansprach.

Achje! Ich fand kein einziges Wort auf Chinesisch, stammelte zusammenhangloses Zeug. Man empfand Mitgefühl mit mir und öffnete die Tür zur Rückbank. Dankbar stieg ich in das warme Auto, das ich gerade jetzt als einen Hort der Ruhe, der Wärme und des Trostes empfand. Und fing prompt an zu heulen. Verwirrt und bestürzt schauten mich die jungen Polizisten an.

Was war bloß los mit dieser offensichtlich verwirrten Westlerin?, fragten sie sich bestimmt. Sie ließen mich ein paar Minuten in Ruhe und fingen dann an, mich auf Chinesisch anzusprechen. Ich verstand nichts!!

Nach einer Weile drangen die Worte dann doch zu mir durch. Einer der Polizisten hielt mir ein Telefon hin: Man hatte jemand angerufen, der ein wenig Englisch sprach und übersetzen sollte. War mein Englisch auch weg? Jedenfalls verstand ich die Telefonstimme kaum.

Man wollte wissen, wo ich wohne. Keine Ahnung, wie mein Hostel hieß. Weder der Englische noch der Chinesische Name fielen mir ein. Ich kramte in meinen Jackentaschen nach der Karte vom Hotel. Nichts! Langsam taute ich auf. Die Wärme tat mir gut. Weitere Polizisten kamen hinzu. Darunter ein wichtig aussehender Offizier. Sie alle standen um das Auto und diskutierten. Offensichtlich wussten sie nicht, was sie mit mir tun sollten.

Halbwegs aufgetaut und nicht mehr weinend schaute ich mich um. Da! Da lief ein westliches Paar über die Kreuzung. Die kannte ich! Ja, und die Polizeistation, vor der wir die ganze Zeit gestanden hatten, kannte ich doch auch! Jetzt wußte ich schlagartig wieder, wo ich war, wenige Hundert Meter vom Hostel entfernt. Mit fiel zwar immer noch nicht der Name ein, aber nun wusste ich wieder, in welche Richtung ich zu gehen hatte. Erfreut teilte ich das den Polizisten mit und wollte aussteigen. Pustekuchen!

Der eine hatte schon angefangen, ein Protokoll aufzusetzen. Das musste erstmal zu ende geschrieben werden. Dann konnte man mich auch nicht so einfach laufen lassen. Man bestand darauf, mich zu meinem Hostel zu bringen. Ja, ich konnte ihnen nun sogar den Weg zeigen! Doch zunächst musste ein Foto gemacht werden. Auf dem strahle ich schon wieder.

Foto mit Polizist
Foto mit Polizist

Dann ging es mit dem Polizeiauto durch ein Gewirr von Einbahnstraßen zum Hostel. Fast hatte ich schon wieder Angst, den Weg nicht zu finden. Doch schließlich stand ich in Begleitung zweier Uniformierter an der Rezeption. Die Leute erkannten mich und bestätigten wenig begeistert der Polizei, dass ich hier wohnte. Die Polizisten nutzten die Gelegenheit, mal die Anmeldungen in dem Hostel zu kontrollieren. Ich verabschiedete mich fröhlich. Als ich auf meinem Zimmer mich erleichtert aus meiner nassen Jacke schälte, fand ich auch die Karte vom Hostel wieder.

Tja, und als ich wieder in Peking war, machte mir mein chinesischer Kollege dort Vorwürfe. Warum ich ihn nicht angerufen hätte? Schließlich habe er mir genau für solche Fälle ein chinesisches Handy mitgegeben. Er hätte übersetzen können und sicherlich auch helfen, selbst wenn ich den Namen meines Hostels vergessen hatte. Tja, hätte ich wohl machen können. Aber ich bin nicht eine Sekunde auf die Idee gekommen. Zu sehr war ich das Reisen als Frau selbständig und alleine gewöhnt.

Vorsicht bei der Begegnung mit Uniformen

Ich könnte noch mehr Geschichten zu dem Thema erzählen. Von dem Zollbeamten, der unbeirrt von der baldigen Abfahrt des Schiffes in Shanghai verlangt, dass ich meinen Rucksack komplett auspacke. Oder der Polizist, der mir erzählen will, wie man in Chengdu eine große Kreuzung überquert, mich eigentlich nur anmachen will und mir verärgert ein „You are too fat!“ hinterher ruft, als ich ungerührt weitergehe. Naja, und damals die Geschichte in Griechenland. Und, und, und… In meinen Reiseberichten werdet Ihr noch auf mehr Geschichten von Begegnungen mit Menschen in Uniformen stoßen.

Menschen in Uniformen erwarten Respekt und Gehorsam überall auf der Welt. Und man tut gut daran, dies zu beachten. Menschen in Uniform besitzen Macht kraft ihres Amtes und sitzen am längeren Hebel.

Tipps für die Begegnung mit Uniformierten

  • Ruhig bleiben!
  • Niemals schimpfen! Das bedeutet nur, dass man sein Gesicht verliert und die Beamten einen nicht mögen
  • Schmeicheln! Ich habe schon einige Konflikte damit gelöst, dass ich meinem Gegenüber in China erzählt habe, dass sein Englisch sehr viel besser sei als meins. Dann mögen einen die Uniformierten und sind eher bereit zu helfen.
  • Wenn es hart auf hart kommt, so tun als ob man die Leute nicht versteht. Methode „Dummer Tourist“. Dann geben sich Menschen in Uniformen  eventuell mehr Mühe
  • In der Regel ist es besser, wenn man Anweisungen ohne groß zu diskutieren befolgt.

Als Frau kann man immer auch die Frauenkarte ausspielen: „Ich arme (dumme, verängstigte) Frau alleine in der Fremde!“ Das weckt den Beschützerinstinkt der in vielen Ländern meist männlichen Beamten.

Richtig schlimme Begegnungen mit Polizei, Militär oder anderen Uniformen sind mir glücklicherweise bislang erspart geblieben. Und Ihr? Was sind Eure Erfahrungen mit Uniformierten unterwegs?

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20 Kommentare

  • hello-mrs-eve

    Liebe Ulrike, ich besuche gerade die Blogbeiträge meiner Link-Party 🙂 Wow, was für Erlebnisse! Ich bin noch nicht weit gereist in meinem Leben und für mich klingt das alles sehr exotisch 🙂 Aber gut zu wissen, wie man sich im Ernstfall verhält! Liebe Grüße, Kea

  • bambooblog

    Ja, das ist richtig! Das sollte man nirgendwo. LG Ulrike

  • Ami

    Auf gar keinen Fall Späße machen mit solchen Leuten. Habe schlechte Erfahrungen gemacht damit. VG aus dem Grödnertal

  • Nö, meine Performance war anscheinend sehr überzeugend (und wie Terroristen sahen wir auch nicht aus). 🙂

  • bambooblog

    Wunderbare Geschichte! Und die haben das Qilin nicht selbst sehen wollen?

  • Meine (am Ende lustige) Begegnung mit der chinesischen Polizei: Wir waren nach einer Woche Pauschalreise Peking, während der wir ein Qilin (ein Fabeltier) aus Bronze erstanden hatten, noch 2 Wochen alleine in China mit dem Rucksack unterwegs. Von Handan aus wollten wir kurz vor dem Rückflug mit dem Zug nach Peking zurück. Im Bahnhof wurde, wie auf Flughäfen, das Gepäck durchleuchtet. Nach der Schleuse wurde meine Frau plötzlich von Polizisten angehalten und in einen Nebenraum komplimentiert. Sie sollte dort ihren großen Rucksack ausräumen. Da in dem Kabuff keine freien Tische waren und der Fußboden so was von versifft war, verweigerten wir das Auspacken. Daraufhin wurde uns das Durchleuchtungsbild gezeigt. Tatsächlich war ein länglicher schwarzer Gegenstand zu sehen. Glücklicherweise fiel uns ein, dass es nur das Qilin sein konnte, welches dort schon 2 Wochen friedlich lebte. Ich rief dann „Qilin“ und zeigte vorsichtshalber (Chinesisch konnten wir erst 10 oder 20 Wörter) pantomimisch, wie ein Qilin aussieht, nämlich (unter anderem) mit einem Geweih und einem langen Bart. Das war offensichtlich ausreichend, die Polizisten schauten wieder freundlich aus (ob sie gelacht haben, weiß ich nicht mehr) und wir durften ohne Auspacken weitergehen.

  • bambooblog

    Danke für den Hinweis! Auf die Idee, Späße zumachen, käme ich gar nicht! Aber, ja, hab schon Leute erlebt, die bei Begegnungen mit uniformierten sich Späße erlaubt habenn. Da geht gar nicht!

  • Betrachterauge

    Zu den genannten Regeln vielleicht noch eine: niemals sich mit solchen Leuten Späße erlauben. Kann böse enden.

  • bambooblog

    Na, da muss man sich schon zurück halten können. Hab ich auch schon erlebt. Und kein Chinese erwartet, dass ich ihn verstehe. Das ist von Vorteil, wenn man auf dem Markt verhandelt: „Die Äpfel möchte ich zum gleichen Preis wie die Frau eben!“ 🙂

  • Die Methode „Dummer Tourist“ ist gut, hab ich auch mal versucht. Blöd war es nur, dass der „flic“ deshalb glaubte, seinem Kollegen gegenüber in seiner Muttersprache eine abfällige Bemerkung über mich machen zu können. Und ganz blöd wars dann, dass ich nicht umhin konnte, es zu verstehen und empört zu reagieren, worauf der flic … (Ich erinnere mich nicht mehr daran, wie’s ausging, war aber verkraftbar, sonst hätt’s sich mir eingeprägt)

  • Und so ist es gut 🙂

  • bambooblog

    😀 Herrlich! Ich kann machen, was ich will, ich sehe immer aus wie Ulrike aus Deutschland…

  • Yuki und ich spielen manchmal Touristinnen, wenn wir in einer fremden Stadt sind. Unser Vorteil: wir sehen deutlich jünger aus und gehen sogar noch als Teenager durch, wenn wir uns „präparieren.“ Und mit etwas über 1, 60 Meter nimmt man uns das auch ab 😀

  • bambooblog

    :D. Ich habe manchmal Schwierigkeiten mit der Frauenkarte. Ich bin einfach zu groß. Da nimmt man mir in Einzelfällen die schwache Touristin nicht ab. Ich hoffe, dass ich in Zukunft punkte als „Alte Dame“.

  • Ich habe bisher keine negativen Erfahrungen mit Uniformierten im Ausland gemacht. In Japan spreche ich die Sprache und in Deutschland auch. Und was Trips nach Frankreich, Italien, Holland und England betrifft, gab es nie Probleme. Auch wenn ich Mann nicht immer grün bin, die Frauenkarte wirkt auch bei mir. Ich spiele die perfekt aus, wenn ich nur will 😀

  • bambooblog

    Das hört sich wirklich traumhaft an!

  • Ich habe 1998 fast einen ganzen Monat auf Oahu verbracht. Mein Hotel lag knapp fünf Gehminuten vom berühmten Strand von Waikiki entfernt, ich hatte ein Apartement von fast 40 qm zu einem Spottpreis, ganz hoch oben im 33. Stock, und dank zweier vollverglaster Wände Sonne von morgens früh bis abends spät. Das ist eine traumhaft schöne Zeit gewesen, an die ich immer noch sehr, sehr gerne zurück denke, und während der ich auch viel erleben durfte.

  • bambooblog

    Wie schön! Haiwaii – das hört sich klasse an! Ansonsten möchte ich mich nicht mit amerikanischen Polizisten anlegen. Die Begegnungen sind ja meistens nicht so schlimm. Glücklicherweise! Letztendlich fand ich die Begegnung mit den Polizisten in Xi’an auch sehr gut. Die waren sehr nett. aber man sollte coh vorsichtig sein im Umgang mit Uniformierten. In der nächsten Zeit kommen noch ein paar Begegnungen mit der Uniformierten in Indien. Die waren nicht so lustig…

  • Ich darf zu meinem großen Glück sagen, noch nie ungute Begegnungen mit Uniformierten in den jeweiligen Reiseländern gehabt zu haben. Als ausgesprochen liebenswürdig und auch sehr humorvoll habe ich die radfahrenden Polizisten/innen in Honolulu und Waikiki in Erinnerung.

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