Das Qingming-Fest – Ahnengedenktag

Zuletzt aktualisiert vor 9 Monaten

Der 04. oder 05. April ist in China ein Feiertag: Das Qingming-Fest, das „Fest des Gräber Fegens“. Was es damit auf sich hat, erfahrt Ihr hier.

Das Fest, an dem die Chinesen zu den Gräbern ihrer Ahnen ziehen, um es zu säubern und neu zu schmücken. So wird dieses Fest im Englischen auch „Tomb Sweeping Day“ genannt. Es fällt jedes Jahr auf den 4. oder 5. April und ist ein offizieller Feiertag.

Wann ist Qingming?

四 • sì = vier
死 • sǐ = Tod

Dass dieses Fest auf den 4.04. fällt, ist natürlich in China kein Zufall. Denn die Vier wird so ähnlich ausgesprochen wie „Tod“. Wenn man genauer hinguckt, gibt es allerdings einen Unterschied in dem entsprechenden Ton. Doch da auch die Chinesen manchmal nicht so ganz klar in der Aussprache sind, wird „vier“ gerne mit „tot“ gleichgesetzt. Deshalb vermeidet man zum Beispiel das 4. Stockwerk in Gebäuden oder die 4 als Bestandteil chinesischer Nummernschilder.

Aber: Eigentlich ist dies ein Denkfehler: Denn während der Tang-Dynastie, als dieser Feiertag populär wurde, hatte man überhaupt noch keine Ahnung von dem Gregorianischen Kalender, nach dem wir heute (fast) alle leben. Laut Wikipedia fällt Qingming auf den 106. Tag nach dem chinesischen Sonnenkalender (Bauernkalender), 15 Tage nach Frühlings-Tagundnachtgleiche (春分, chūnfēn ‚Mittfrühling‘). Trotzdem passt es wirklich gut.

Familienfest

Eigentlich heißt das Fest ja

清明节 • Qīngmíngjié = hell + klar + Fest = Totenfest

Es ist ein traditionelles Familienfest. Seit 2008 ist es auch ein offizieller chinesischer Feiertag, der 2 freie Tage mit sich bringt. Eine besondere Bedeutung kommt dem Fest dadurch zu, weil es heißt, dass ab diesem Tag die Temperaturen steigen und der für die Ernte wichtige Regen einsetzt.

Der Begriff „Qingming“ bezieht sich auf eine der 24 Jahreseinteilungen nach dem chinesischen Sonnenkalender. Dies ist eine vor allem für die Bauern in Nordchina wichtige Zeiteinteilung. Nach ihr werden Aussaat, Ernte usw. gerichtet.

Beerdigungen sind in China von großer Bedeutung, wobei der „Luxus“ von Beerdigungen und Gräbern einst als Maßstab für die kindliche Pietät der Nachkommenschaft des Verstorbenen diente. Sie waren und sind große pompöse Feste.

In den letzten Jahren werden die Begräbnisse umweltbewusster. Ein Beispiel: „Im Beerdigungsinstitut Babaoshan in Beijing setzen die Mitarbeiter langsam Papierkraniche und Papierboote mit Segenswünschen in ein kleines Becken. Das Papier ist abbaubar und wird aus wasserlöslichem Zellstoff hergestellt, wobei die Schriftzeichen mit lebensmitteltauglichen Pigmenten gedruckt werden.“ xinhua

Wie entstand Qingming?

Während der Frühlings- und Herbst-Periode (722 – 481 v. Chr. ) gab es einen Herzog Wen. Dieser veranlasste einen Feiertag, um an seinen Freund und Diener Jie Zhitui zu erinnern. In dieser Zeit gab es das Hanshi-Fest, an dem die Menschen nur kaltes Essen zu sich nahmen, weil Jie durch einen Brand ums Leben kam.

Während der Tang-Dynastie wurde das Qingming-Fest eingesetzt und verschmolz mit dem Hanshi-Fest. Auch heute gibt es noch Menschen, die an diesem Tag nur kalte Speisen essen.

Die Legende vom braven Diener

Die Legende von dem braven Diener Jie Zhitui
Vor mehr als 2.000 Jahren lebte im Reich der Jin ein Kronprinz namens Chong’er. Nachdem das Reich seines Vaters von Feinden erobert worden war, musste sich der Prinz ins Exil begeben und führte fernab seiner Heimat ein hartes Leben voller Entbehrungen. Dabei wich ein besonders treuer Diener namens Jie Zhitui niemals von seiner Seite.

Als Chong’er eines Tages an Hunger litt, schnitt sich Jie Zhitui eigenhändig ein Stück Fleisch aus seinem Körper, um seinen Herrn vor dem Hungertod zu bewahren. Nach einiger Zeit konnte Chong’er schließlich in seine Heimat zurückkehren und bestieg den Thron seines Vaters. Nun wollte er seinen Retter gebührend für seine Dienste belohnen. Doch Jie Zhitui lehnte jede Form von Zuwendungen und Geschenken ab. Stattdessen zog er sich gemeinsam mit seiner Mutter ins Gebirge zurück und führte ein abgeschiedenes Eremitenleben.

Um nun seinen früheren Diener aus seinem Versteck hervorzulocken, ließ Chong’er im ganzen Gebirge Feuer legen. Er hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Jie Zhitui und seine Mutter in den Flammen ihr Leben verlieren würden. Im Gedenken an seinen verstorbenen Diener erklärte er den Todestag Jie Zhituis zum Feiertag, an dem kein Feuer entzündet werden dürfe. Am Folgetag solle man zudem der Verstorbenen gedenken, so der Beschluss Chong’ers. In späterer Zeit wurden diese beiden Feiertage schließlich zusammengelegt und werden seither als Qingmingjie bezeichnet.

Qingming Feiertag

2015 fiel das Fest mit Ostern zusammen. Das ist für Deutsche, die mit Chinesischen Unternehmen zusammen arbeiten, und auch für die in Deutschland lebenden Chinesen ganz praktisch. Man braucht sich keine Gedanken zu machen, wie man unterschiedliche Arbeitszeiten bewältigen kann. Das ist meistens vor allem an Weihnachten und zum Frühlingsfest ein wirkliches Problem.

Weihnachten erreichen die Chinesen niemanden in Deutschland, und am Frühlingsfest gibt es keine Hotelbestätigungen usw. aus China. Obwohl, ganz so einfach ist das auch nicht. Wenn ein offizieller Feiertag auf ein Wochenende fällt (so wie 2015 das Qingming-Fest), wird der Feiertag nachgeholt. Doch das ist nicht ganz starr und kann auch auf mehrere Tage verteilt werden.

Gedicht des Du Mu

Berühmtes Gedicht zu Qingming vom Dichter Du Mu (803 – 853, Tang-Dynastie), gefunden auf http://www.herongyang.com/

《清明》 (唐) 杜牧

    清明时节雨纷纷,
    路上行人欲断魂。
    借问酒家何处有?
    牧童遥指杏花村。

English translation

A drizzling rain falls like tears on the Mourning Day;
The mourner’s heart is breaking on his way.
Where can a hostel be found to drown his sadness?
A cowherd points to Xing Hua village in the distance.

Wie sieht ein chinesisches Grab aus?

Leider habe ich kein Foto von einem der gängigen Gräber. Wie seit ewigen Zeiten beerdigen die Chinesen ihre Toten in Grabhügeln. Es gibt Gegenden, da kann man viele kleine Hügel an den Rändern der Felder sehen. Daran kann man erkennen, dass dies ein besonders guter Platz für ein Grab ist. Denn bei dem Aussuchen des Platzes für ein Grab muss man viele Punkte berücksichtigen, damit der Tote auch einen würdigen Platz im Himmel findet und nicht auf die Idee kommt, seine lebenden Verwandten zu ärgern und mit Unglück zu verfolgen.

Auch darum geht es am Qingming-Fest: Mit Geschenken und einem ordentlich gesäuberten Grab den Ahnen friedlich und freundlich zu stimmen.

Eigentlich sind solche Gräber in China offiziell nicht gerne gesehen, nehmen diese doch sehr viel Platz ein, den man lieber für Ackerbau und anderes nutzen möchte. Bei der Masse der Menschen, vor allem in den riesigen Metropolen, ist es vorgeschrieben, die Toten zu verbrennen. Aber auch Urnengräber kann man pflegen.

Hier als Beispiel für ein Hügelgrab ein altes Grab aus der Tang-Dynastie beim Maoling-Grab in Xi’an, zugegeben um einiges größer als ein Hügelgrab für einen einfachen Bauern.

Hügelgrab bei Xi'an
Hügelgrab bei Xi’an

Die Farbe der Trauer ist Weiß

Die Farbe des Todes und der Trauer ist in China Weiß. Hier ein altes Foto von einem Laden in Shanhaiguan, der ein Papiergesteck für eine Beerdigung im Schaufenster ausstellt:

Beerdigungsgesteck
Beerdigungsgesteck

Das Buch „Letzte Dinge“

Ich habe den Neujahrsdialog des KonfuziusInstitut Hamburg am 9.02.2022 besucht und interessantes zu den Begräbnisritualen der Chinesen erfahren. Die Sinologin Maja Linnemann stellte ihr Buches „Letzte Dinge – Tod und Bestattungskultur in China“ (2020) vor und brachte mich sozusagen auf den neuesten Stand.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo es eine Sargpflicht gibt und auch mit der Asche nicht einfach gemacht werden kann, was man will (zum Beispiel die Urne mit nach Hause nehmen), herrscht in China größere Freiheit. Dort ist allerdings auf der einen Seite die Bestattung von traditionellen Riten bestimmt und auf der anderen Seite durch den mangelnden Platz in den Städten beschränkt. So gibt es in China das Gebot, das eine Feuerbestattung vorschreibt. Das ist aber noch nicht immer umsetzbar. Man versucht es mit Prämien.

Ein Beerdigung in China ist, wenn man es nach der Tradition machen will, eine teure Angelegenheit. Neben der Grabstelle müssen Priester, Musikkapelle und ein aufwändiger Leichenschmaus bezahlt werden. Das kann sich nicht jeder leisten.

Die Kränze zur Beerdigung sind bunter geworden.

Qing Tuan

Wie bei jedem Fest in China wird auch zum Qingming-Fest eine festliche Köstlichkeit gegessen. Die heisst Qing Tuan. Die grünen Küchlein bestehen aus einem Teig aus Klebreis und Beifuß (oder Gerste), der mit Roter Bohnenpaste gefüllt ist. Zum Qingming-Fest werden sie überall an der Straße verkauft.

Kolumbarium am Emeishan: Qingming-Fest 2017
Kolumbarium am Emeishan

Ulrike

5 Gedanken zu „Das Qingming-Fest – Ahnengedenktag“

  1. Hier haben wir eine der wenigen Gemeinsamkeiten beider Sprachen. Vier / Tod ist shi und wird als Zahl daher yon gesprochen. Die Kanji sind gleich. Auch wenn wir natürlich noch andere erfinden mussten. Geht ja so mal gar nicht, dass unsere Schrift aus China kommt 😀

  2. Nur als kleine Erklärung, warum es Unglück bringt, ein Grab/Friedhof zu fotografieren.
    Die Chinesen glauben, daß du die Seele des Toten in deiner Kamera „einfängst“ und wenn du wieder zu Hause bist, diese Seele Unglück über dich und deine Familie bringt.
    Friedhöfe gibt es auf dem Lande auch, aber man findet auch noch oft Gräber in den Wäldern, Feldern etc… wie nach alter Tradition.
    Wenn ich im Heimatdorf meiner Frau bin, findest du außerhalb in den Wäldern viele von diesen Gräbern.
    Aber bitte keine Fotos davon machen.

  3. Es gibt richtige Friedhofe, jedenfalls in den Städten. Aber wie die genau aussehen usw. das will ich mir bei meiner nächsten China-Reise angucken.

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!