Nomadenland im Nordwesten von Xinjiang

Zuletzt aktualisiert vor 9 Monaten

Wir erreichen Xinjiang, den Westen Chinas

Reisebericht Seidenstraße 2007

Yili! China! Natürlich hält mich nichts im Hotel. Schon vor dem Frühstück bin ich unterwegs, auf dem großen Platz des Volkes, der nicht weit vom Hotel liegt. Schon kurz nach 6 Uhr treffen sich die Menschen auf dem Platz. Tai Chi, Frühgymnastik.

Zwei Männer schwingen schwere Eisenkugeln an einer Kette. Einer sieht mich und kommt lachend auf mich zu. Ob ich auch mal versuchen wolle? Kurz nehme ich die angebotene Kette. Nein, keine Chance, dass ich die Kugel auch nur einen Millimeter bewege! Die Männer lachen und ich lache fröhlich zurück.

Yili Platz des Volkes
Yili Platz des Volkes

Ein paar Schritte weiter sind bunte Kinderspielgeräte aufgebaut. Ein Vater kommt mir mit seiner kleinen Tochter auf dem Arm entgegen. Ist er Tadschike? Kasache? Jedenfalls kein Chinese.

Yili

Ich kann mich gar nicht satt sehen an all diesen fremden und doch vertrauten Eindrücken. Zwei ältere Damen führen ihren Hund spazieren. An der Ecke werden erste Schaschlik zum Frühstück gegrillt. Was für ein Duft! Ein Hirte treibt seine Schafherde durch die Straßen, die so früh noch fast ohne Autos sind.

Dann werde ich drauf aufmerksam, dass sich auf dem Platz immer mehr Kinder versammeln, in hübschen Uniformen, dirigiert von einigen Lehrer und stolz beobachtet von den Eltern. Was ist hier los? Staunend beobachte ich das Geschehen. Sicherlich wird gleich eine Kapelle spielen, vielleicht werden die Kinder tanzen oder singen.

Yili Tag des Kindes

Ich werde kribbelig. Mir macht es nichts aus, wenn ich jetzt das Frühstück verpasse. Aber ich darf die Abfahrt des Busses nicht versäumen. Schweren Herzens trenne ich mich schließlich von dem Platz.

Kaum bin ich im Hotel, frage ich Yang, unseren Reiseleiter, was da gerade geschieht. Die Erklärung ist ganz einfach: Es ist der 1. Juni, der Internationale Tag des Kindes.

Fahrt zum Sayram See

Die Fahrt geht weiter! Mit dem Bus verlassen wir schnell die fruchtbare Ebene am Yili-Fluss und fahren hinauf in die Berge. Unser erstes Ziel ist heute der Sayram See, ein Bergsee, der berühmt ist für seine schöne Landschaft

Wikipedia: Der Sayram-See (chinesisch 塞里木湖, Pinyin Sàilǐmù Hú) ist ein abflussloser Bergsee im Mongolischen Autonomen Bezirk Bortala des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang der Volksrepublik China.

Der See befindet sich im äußersten Westen des Borochoro-Gebirges, einem Gebirgszug im Osten des Tian Shans. Er liegt unweit der Grenze zu Kasachstan, etwa 100 km westlich der Stadt Jinghe. Er hat eine Fläche von 454 km² und liegt auf einer Höhe von 2073 m.

Der Sayram-See liegt im Sayram-Hu-Nationalpark.

Die Straße windet sich in engen Kurven in die Berge. Ich sehe auch Wald, doch die Landschaft ist überwiegend mit Wiesen bedeckt. Blühende Wiesen, so weit das Auge reicht! Ist das herrlich! An Stellen, wo das Tal etwas breiter ist, stehen merkwürdige Gestelle voller Flaschen, die mit einer seltsamen gelben Flüssigkeit gefüllt sind.

Die HonigverkäuferinHonig "Werbetafel"Hongi Verkäuferin

Wir gut, dass wir unseren Reiseleiter haben! Denn er erklärt uns, was es mit den Flaschen auf sich hat. Es handelt sich sozusagen um Werbetafeln. Die Flüssigkeit ist nur gelb gefärbtes Wasser. Sie sollen auf den Honigverkäufer aufmerksam machen, der in einer Bretterbude daneben seinen Honig aus eigener Herstellung verkauft. Beim nächsten Stand halten wir an. Wir dürfen einen Blick in die Bude werfen. Yang ist ganz begeistert. Der Honig hier ist sehr, sehr gut. Gleich kauft er sich einen Liter Honig. Eigentlich schade, dass wir keinen Honig kaufen können! Denn wie sollen wir den mitschleppen?

Weiter geht’s! Wir sehen hin und wieder ein Nomadenzelt, eine Herde Schafe, deren weißes Fell schon von weitem leuchtet.

Nomadenland am Sayram See in Xinjiang

Schließlich kommen wir am Sayram See an. 2000 Meter hoch, atemberaubend. Leider ist es etwas diesig. Am Ufer stehen Jurten und Souvenirshops. Zottelige Pferdchen warten auf Touristen. Doch es ist nicht viel los. Verkäufer und Pferdevermieter stürzen sich freudestrahlend auf uns, als wir hier eine Mittagspause einlegen. Souvenirs kaufen ja, aber Reiten ist nicht drin.

Durch Nomadenland nach Bole

Eigentlich möchten wir an jeder Ecke halten, einen Fotostopp einlegen. Doch auch auf einer organisierten Reise kann man das nicht unendlich machen. Wenn man mit Öffis unterwegs ist, gehen Fotostopps gar nicht. Ich genieße die Reise durchs wilde Xinjiang sehr.

Wir halten aber an einer Herde mit Schafen und Ziegen. Die hellen Ziegen sind Kashmir-Ziegen, sehr wertvoll, wie Yang sagt.

Kleiner Junge am Sayram See

Fotomotive ohne Ende! Ein kleiner Junge schaut uns verwundert an, eine Peitsche, das Zeichen der Herdenhüter, in der Hand. Eine rasche Fahrt durch Steppen, immer mit Bergen am Horizont, die den Blick ins Endlose stoppen. Hochbeladene LKWs donnern an uns vorbei.

Bole ist das Ziel des Tages, eine kleine Stadt mit einer Bahnstation. Von hier aus wollen wir den Nachtzug nach Urumqi nehmen.

Auch wenn Bole auf den ersten Blick eher langweilig chinesisch wirkt, so lassen sich immer wieder kleine Sehenswürdigkeiten entdecken. Noch sind wir ja nicht lange unterwegs. Deshalb erregt alles unsere Aufmerksamkeit. Der Brotbäcker mit seinem altertümlichen offenen Backofen, die bunten Verkaufstände in der Fussgängerzone, der Nudelsuppenverkäufer, der seine Nudeln mit einem Messer von einem großen Klumpen Teig direkt in das kochende Wasser schabt.

Nudelsuppe mit geschabten Nudeln
Nudelsuppe

Nachtzug

Xinjiang doppelstöckiger Schlafwagen

Auf dem Bahnhof müssen wir eine Weile warten, bis wir in den Zug steigen können. Es weht ein scharfer Wind. Dann der Zug! Schlafwagen in zwei Stockwerken. Neugierig, zögerlich schauen sich die Teilnehmer um. Kann man das aushalten? Ist die Wäsche sauber? Hockklos? Wir haben eindeutig zu große Koffer mit. Oha! Einer aus der Truppe hat eine Flasche Schnaps dabei. Da entspannen sich alle schnell. Ich setze mich noch ein wenig zu Yang, der wie das in China so üblich ist, weit weg von der Gruppe untergebracht ist. Er reist eben nicht erster Klasse sondern im sog. Hardsleeper: 6-Bett-Abteil.

4-Bett-abteil Schlafwagen
4-Bett-Abteil

Die Nacht wird unruhig. Der Zug rumpelt und rattert. Die Abteile sind niedrig und eng. Es macht sich bemerkbar, dass wir alle sehr große Koffer dabei haben. Doch ich schlafe gut in meinem weichen sauberen Bett. Früh am Morgen kommen wir bei strahlendem Sonnenschein im Urumqi, der Hauptstadt von Xiinjiang, an.

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Ulrike
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3 Gedanken zu „Nomadenland im Nordwesten von Xinjiang“

  1. Ja, Bahnfahren ist ein Erlebnis in China! Bei Nachtfahrten ziehe ich den Hardsleeper vor. Da kommt man gut mit anderen Reisenden, auch Einheimischen in Kontakt.
    LG
    Ulrike

  2. Oh, an den Nachtzug in China erinner ich mich auch, ca. 2001. Hin sind wir „weich liegen“ gefahren (geschlossenes Abteil mit 4 Betten), zurück „hart liegen“ mit 6 Betten im offenen Abteil!
    Danke für Deine Reiseberichte

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