Als Frau alleine durch Indien?

Zuletzt aktualisiert vor 4 Monaten

Aktualisiert Mai 2022: Als Frau alleine durch Indien

In Indien werden Frauen missachtet, manchmal auch misshandelt und vergewaltigt. Das betrifft einheimische und reisende westliche Frauen. Immer wieder lesen, hören, sehen wir diese erschreckenden Meldungen. Da stellt sich automatisch die Frage: Ist es überhaupt möglich, als Frau alleine durch Indien zu reisen?

Als Frau alleine durch Indien - 1992 am Rajgarh-Palast
1992 vor dem Rajgarh Palast bei Kajuraho

Kann man als Frau alleine durch Indien reisen?

Nachdem ich meinen Artikel (siehe unten) im Januar 2014 schrieb, entspann sich eine mehr oder minder hitzige Debatte, die ich manchmal etwas sprachlos verfolgte. Auch heute ist es immer noch ein Thema: Kann man als Frau alleine durch Indien reisen? 2014 machte wieder einmal der Fall einer vergewaltigten Touristin Schlagzeilen.

Doch es gibt auch positive Trends und Meldungen. Schon seit 2010 ist in Nordindien die Gulabi Gang unterwegs. Diese Pink Ladies kümmern sich um misshandelte Frauen und helfen ihnen, gegen ihre gewalttätigen Männer vorzugehen. Erst wenn die Männer in Indien mehr Respekt vor Frauen haben, wird es auch einfacher sein, in Indien zu reisen.

Ich sage nicht, dass es gefährlich ist. Viele westliche Frauen kehren begeistert von ihrer Reise durch Indien zurück. Indien ist ein schönes Land mit viel Exotik und beeindruckenden Sehenswürdigkeiten. Doch die ständige Anmache durch die Männer verdirbt zumindest mir den Spaß am Reisen durch Indien. HInzu kommen das unübersehbare Elend, die Armut und der Dreck. Ich fühle mich dabei sehr hilflos, wenn ich merke, dass die Inder selbst kein Interesse daran zeigen, etwas zu ändern.


Mein Originalartikel vom 18.01.2014

Alleine als Frau durch Indien?

Dies ist die Überschrift eines Artikels im Hamburger Abendblatt, heute 18.01.2014. Vergewaltigungen an Touristinnen machen mal wieder Schlagzeilen. Und die an Inderinnen? Vergewaltigungen an Inderinnen waren noch nie Schlagzeilen wert, es sei denn es handelte sich um eine brutale Gruppenvergewaltigung.

Das Hamburger Abendblatt stellt die Frage: „War das schon immer so?“ Der Reisebuchautor Hans-Joachim Aubert ist der Meinung, dass die Brutalität der Übergriffe zugenommen hat. Das mag sein. Aber die ätzende, tägliche Anmache hat es zumindest schon 1992 gegeben, als ich alleine durch Indien reiste.

Mein persönliches Erleben

Ich machte eigentlich alles richtig, wie auch die aktuell betroffenen Frauen immer wieder berichten: Schultern und Knie bedeckt, weite Kleidung, einen Schal um den Kopf, keine dunklen Gassen, niemanden ansehen, den Blick immer nach unten gerichtet. Trotzdem und auch trotz meines Alters (ich war nicht mehr ganz jung, 36 Jahre alt) wurde ich täglich angemacht, mehr oder weniger offen sexuell belästigt.

Frauen in Indien sind auch selbstbewusste Händlerinnen

In einem Guesthouse in Jaipur sprach ich mit einer Engländerin und klagte: „Was ist nur mit mir los, dass ich ständig aus Versehen in Männer reinlaufe, die genauso aus Versehen meine Brüste berühren?“ „Das ist kein Versehen.“ antworte die Frau lapidar. „Du hast keine Schuld! Das sind die indischen Männer, die sich an solchen Rempeleien erfreuen.“

In einem Brief an meine Eltern schrieb ich damals: „Ich kann hier gar nicht so wie in China oder Thailand freundlich lächelnd in die Gegend schauen. Immer muss ich meinen Blick senken: sonst könnte es sein, dass ich in eines der vielen Löcher im Weg trete, in den Kuhfladen einer Heiligen Kuh oder auf einen entsetzlich verstümmelten Bettler, der vor mir im Dreck kriecht. Und wenn ich den Blick ein wenig hebe, schaue ich meistens auf einen Inder, der sich genüsslich bei meinem Anblick im Schritt krault. Noch höher, einem Inder freundlich ins Gesicht geschaut: das ist die Aufforderung zum Tanz!“

Lag es an mir?

Immer, immer wieder suchte ich die Schuld bei mir, wenn es mal wieder zu einem dieser Vorfälle kam. War ich doch zu leicht bekleidet? Zu freundlich? Was hatte ich in China, Thailand, Nepal anders gemacht, dass ich so gut und freundlich mit den Menschen dort, auch mit den Männern, ausgekommen bin?

Mit der Zeit fiel es mir immer schwerer, zwischen den netten Indern, denen ich ja auch begegnete, und den Anmachern zu unterscheiden. Negativer Höhepunkt war für mich das folgende Erlebnis in Jaipur.

Auszug aus meinem Reisetagebuch (1992 in Jaipur):

Heute morgen gehe ich in Richtung Palast. Kurz vor dem Stadttor spricht mich ein junger Inder an: „Where do you come from?“ Ich ignoriere ihn. „Where are you going?“ “Please leave me alone!” sage ich mit Nachdruck. Der Dialog geht hin und her. Ich schweige, er redet auf mich ein. Ich werde wütend, er lässt nicht nach. Immer wieder betone ich, bewusst freundlich, dass ich alleine gehen möchte, meine Ruhe haben möchte. Er gibt keine Ruhe:  „Why are you alone?“ „I don’t want to talk to you! Go away!“ „But I do want to talk to you!“.

Ich gehe mit raschen Schritten weiter. Er bleibt mir auf den Fersen: „How do you like India?“ „I don’t like India!“ Überrascht: „Why?“ “Because of people like you!” Entsetzt und mit großen Augen bleibt er stehen. Ich gehe eilig weiter. Endlich ohne Anhang! Doch ich grübele noch lange darüber nach, warum ich so was gesagt habe. Es kann doch nicht angehen, dass mich jemand hier dazu treibt, zu sagen, dass ich Indien nicht mag! Bzw. dass ich mich dazu treiben lasse.

Der Mann mit dem roten Turban

Als sich wenige Wochen später im Zug nach Amritsar ein Mann mit einem roten Turban mir gegenüber ganz offen einen runterholt, schaue ich verschämt aus dem Fenster. Kein Mensch/Mann sagt etwas. Warum bleibe ich selbst stumm? Hätte ich schreien sollen, einen Aufruhr veranstalten? Irgendwann schaue ich dem Mann ganz direkt in die Augen. Das ist ihm dann doch etwas peinlich, er steigt am nächsten Bahnhof aus und dann doch wieder ein, traut sich aber nicht mehr in das Abteil, in dem ich sitze. Danach schrecke ich vor allen Indern mit rotem Turban zurück.

Nachtrag Oktober 2017: Wie nachhaltig mich anscheinend dieses Erlebnis mit dem roten Turban belastet hat, habe ich nun gemerkt, als ich kürzlich in Hamburg in der U-Bahn einen Mann mit rotem Turban sah: Sofort war mir dies Erlebnis von 1992 wieder in Erinnerung und mein Puls beschleunigte sich unbewusst.

Zurück zu 1992: Mir gruselt es bei dem Gedanken daran, dass ich nach Pakistan weiterreisen will. Ein muslimisches Land – muss da nicht alles noch schlimmer sein? Voller Überraschung und Freude stelle ich fest, dass es in Pakistan ganz anders ist. Die Männer ignorieren mich oder aber, was einfach toll ist, sie sind meine Onkel und Brüder, die auf mich aufpassen und darauf achten, dass man mir mit Respekt und Distanz begegnet.

Das schöne Indien

Natürlich habe ich auch das schöne Indien gesehen, stand überwältigt vor der Schönheit des Taj Mahal oder der Altstadt von Varanasi. Die prachtvolle Natur im Barathpur Nationalpark, die leuchtenden Farben der Saris! Indien ist ein Land, das mich mit seiner Schönheit unendlich beeindruckt hat, aber auch sprachlos gemacht hat beim Anblick seiner entsetzlichen Armut.

Ich fühle mich immer noch schuldig, weil ich keinen positiven Zugang zu Indien gefunden habe. Lag es wirklich an mir? Meine Offenheit über meine zahlreichen negativen Erlebnisse in Indien hat mich mindestens zwei Freundschaften in Deutschland gekostet.

Wieder nach Indien reisen?

Bild

2015: Heute denke ich manchmal daran, wieder nach Indien zu reisen, dann aber nach Südindien. Dort soll es sehr viel entspannter sein, was den Umgang mit fremden Frauen angeht. Naja, und heute bin ich 20 Jahre älter. Als alte Dame mit weißen Haaren wird man mir vielleicht mit mehr Respekt begegnen. Auch bin ich heute viel selbstbewusster und würde mich laut gegen den kuschelnden Sitznachbarn im Bus und den wichsenden Roten Turban zur Wehr setzen, Öffentlichkeit herstellen. Aber ob das hilft?

Weitere Berichte

P.S. Einen interessanten Beitrag zur Sicherheit reisender Frauen in Indien findet Ihr hier: www.bravebird.de. Ich bin zwar nicht mit allem einverstanden, was dort steht. Aber besser zu vorsichtig als vergewaltigt! Trotzdem wende ich mich vor allem gegen einen Tipp dort: Pfefferspray mitzunehmen halte ich für nicht angebracht und sogar gefährlich. Mehr dazu in meinem Artikel „Hände weg vom Pfefferspray unterwegs!“

Dass ich aber im Allgemeinen gerne alleine reise, habe ich hier beschrieben: Alleine – mit dem Rucksack

10.03.2014:

Nach allen Diskussionen, die sich um diesen Artikel herum entwickelt haben, fühle ich mich veranlasst, noch etwas nachzutragen: Ich habe mich als Frau alleine in Indien fast immer sicher gefühlt. Eigentlich glaube ich nicht, dass man als Frau in Indien größeren Gefahren als anderswo ausgesetzt ist, wenn man sich einigermaßen vorsichtig verhält.

Nur hat mich die ständige Belästigung durch Männer aller Schichten unendlich genervt und fürchterlich wütend gemacht. Hinzu kamen auch die Nerverei der Rickscha-Fahrer und Händler, das fürchterliche Elend überall und der Dreck: Das alles hat mir das Reisen in Indien sehr verleidet.

Oktober 2017

Kürzlich las ich die folgenden Sätze im Blog einer jungen Frau:
„Innerhalb kürzester Zeit hatte ich das Land angenommen und die Gegebenheiten akzeptiert, die so konträr zu unserem ach-so-behüteten-Leben in Deutschland sind, und wurde eins mit ihm. Eins in der Hinsicht, dass mich nicht mehr der Ekel packte, dass ich mich an diesen Dingen nicht mehr störte.“

Ist das die Lösung? Für mich hört sich das ein wenig danach an, dass da bewusst die Augen verschlossen werden vor dem Elend und der Ungerechtigkeit in Indien. Ja, so kann man natürlich unbeschwert durch Indien reisen. Das kommt für mich aber nicht infrage!

Natürlich kann man die hartnäckig hinterherlaufenden Männer, ob Händler oder Geilos, stur ignorieren. Ein „Nein“ oder ein Kopfschütteln reicht in Indien nicht! Das kenne ich von anderen Ländern anders. Ich bin wahrscheinlich nicht hart oder ignorant genug für Indien. Ich mache mir Gedanken über Elend und Armut, wenn ich das sehe.

Ein positiver Bericht über Indien

Mir wird gerne vorgeworfen, dass ich zu negativ über Indien berichte. Deshalb möchte ich hier auf einen Beitrag verlinken*, in dem mit den üblichen „Vorurteilen“ über Indien abgerechnet wird. Man kann also durchaus in Indien als Frau reisen, ohne angemacht zu werden, ohne Müll und Elend zu sehen. Dabei hilft es natürlich, in Hotels „auf höchstem Niveau“ zu wohnen.

Aber zu behaupten, dass Indien sauber ist und diese ganze Problematik für Reisende nicht existiert, finde ich sehr einseitig. Ich denke, es gibt beides: das schöne und das schreckliche Indien. Haltet Augen und Herzen offen! Dann wird Euch Indien unglaublich berühren! Lasst Euch nicht von negativen Berichten davon abhalten, nach Indien zu reisen! Aber seid auch immer wachsam und vorsichtig!

*Leider hat die junge Dame nicht den Mut, zu ihren positiven Erfahrungen zu stehen, und hat mich gebeten, den Link zu entfernen. Das bedaure ich sehr.

Noch einmal: Ich habe mich in Indien nie unsicher gefühlt. Nur die Nerverei und Anmache muss ich nicht haben. Die allgegenwärtige Armut und den Dreck sollte man aushalten können.


Weiterführende Links

  • Neuer Artikel „Indiens Frauen“
  • Buchempfehlung: Indiens verdrängte Wahrheit von Georg Blume und Christoph Hein
  • Eine Freundin ist 2016 durch Indien gereist: Bloß kein Neid – Indien 2016
  • Mein Reisetagebuch über meine Reisen 1992 durch Indien fängt hier an: 1992 Indien, ich komme!
    Damals führte mich meine Reise zu folgenden Orten: 1. Teil: Calcutta – Varanasi – Agra – Barathpur – New Delhi und  2. Teil: Varanasi – Lucknow – Sanchi – Bophal – Indore – Jaipur – New Delhi – Amritsar
  • 2018: Ausführliche Empfehlungen für westliche Frauen, die durch Indien reisen möchten, findet Ihr auf dem Blog Irene in Indien. In diesem Blog gibt es viel interessantes aus Indien zu lesen!

Schaut Euch auch die Kommentare an! Dort findet Ihr viele persönliche Geschichten und Tipps.

Ulrike

35 Gedanken zu „Als Frau alleine durch Indien?“

  1. Danke, Irene! Ich hab schon so viele Auseinandersetzungen mit Leuten gehabt, die nur Gutes in Indien sehen und die negativen Seiten so sehr ignorieren, dass man gar keine ehrlichen Erlebnisse schildern kann ohne beschimpft zu werden. Leider! Es ist sicherlich sehr faszinierend, in Indien zu leben. Aber jetzt in Zeiten von Corona, wäre das nichts für mich! Bleib gesund!
    Alles Liebe
    Ulrike

  2. Liebe Ulrike,
    Danke für die Erwähnung meines Indienblogs. Dieses Thema löst irgendwie überall große Kontroversen aus. Ich lebe nun schon fast 12 Jahre in Indien und habe schon Einiges erlebt und gesehen. Viele, oft jene die spirituell auf der Suche sind, haben oft die Tendenz alles durch die rosa Brille zu sehen und zu beschönigen. Für mich ist klar, dass Indien definitiv kein einfaches Reiseland für alleinreisende Frauen ist. Wer es wagt, sollte sich gut vorbereiten und mit der indischen Kultur vertraut machen.
    LG aus Südindien Irène

  3. Danke, Saskia, für Deinen ausführlichen Kommentar! Ich freue mich über ausgewogene Berichte. Tja, Kerala und auch Dharamsala habe ich damals weggelassen. Nach allem, was ich so höre und lese, hat sich in Indien nicht viel zum besseren verändert. Frauen, vor allem die einheimischen, werden häufig noch immer als Menschen zweiter Klasse behandelt.
    LG
    Ulrike

  4. Ohje deine Erfahrungen hören sich ja schrecklich an, ich hatte eine Freundin der ist ähnliches passiert. Ein Mann neben ihr her fahrend, der sie anstarrt und sich einen rubter holt, ein Bild das man sich kaum vorstellen kann. Mir persönlich hingegen ist sowas nicht passiert aber dafür genug andere Dinge. Indien ist ein Land der extreme es ist alles dabei extrem arm sowie extrem reich, die nettesten Menschen der Welt und die krankesten wenn das überhaupt ein Wort ist aber ich habe noch nie so durchgeknallt verrückte Menschen kennengelernt wie dort. Nichtsdestotrotz liebe ich Indien es ist eines der schönste und reichsten (wenn es um Natur geht) Länder der Welt und ja vllt solltest du Indien nochmal eine Chance geben ich denke auch das siCh in der Zeitspanne viel geändert haBen wird. Und zu der theorie der Süden sei friedlicher kann ich nur zustimmen was wohl daran liegt das je nördlicher mann geht desto ärmer die Menschen werden die Bildung der Menschen ist auch im Süden Indiens besser als im Norden wobei es in dharamshala auch sehr schön ist was in den Himalayas liegt ok ich merke schon ich schweife ab auf jeden Fall mal danke für den Beitrag 🙂 ♡

  5. Hallo,
    ich bin 1981 als junge Frau alleine durch Nordindien gereist. Ich habe mich immer sicher gefühlt und bin nie belästigt worden! Es war wunderschön!

  6. Jein – auf meinem Arbeitsweg war es meist so voll, dass man sich nicht drehen konnte um jemanden böse anzuschauen (was aber generell eine gute Idee ist!) und abwenden… wohin soll er denn auch? Von kleineren japanischen Freunden weiß ich, dass diese manchmal sogar die Bodenhaftung verloren haben und eingekeilt zwischen den anderen Mitreisenden „schwebten“ wenn der Zug sich in die Kurve legte. Ich hab mir auch immer gedacht wenn ich mal in die Situation komme, dann… wenn es dann soweit ist, ist es dann aber immer irgendwie anders. So, ich werde noch ein bißchen durch deinen Blog stöbern – man kann ja auch aus anderer Leute Erfahrungen lernen.

  7. Hallo,
    Also, auch im Gedränge und im schaukelnden Zug ist es möglich, den Mann zumindest böse anzugucken und ihn scharf aufzufordern, sich abzuwenden. Heute würde ich das machen.
    Danke für das Kompliment!
    Beste Grüße
    Ulrike

  8. Das stimmt, meist sind diese Wagen jedoch nur zu Stoßzeiten „women only“. Und das zurecht. Im Gedränge kann man es kaum vermeiden mit anderen in engen Kontakt zu kommen, daher ist es sehr sehr schwierig zu erkennen ob sich der Hintermann absichtlich an einem reibt oder nur der Zug schaukelt. Bis man es dann geschnallt hat ist es meist zu spät. Für Judo oder Karate wäre sowieso kein Platz. Höchstens ein gut platzierter Hebel an grabschender Hand. Ich glaube in meinem nächsten Leben wäre ich gerne ein Mann – um endlich so reisen zu können wie ich gerne möchte. Schöner Blog!

  9. Danke für Deinen ausführlichen Kommentar! Dass die Probleme in Indien viel tiefer gehen, haben Christoph Hein und Georg Blume in ihrem Buch „Indiens verdrängte Wahrheit“ eindringlich beschrieben. Ich habe alle deine Ratschläge beachtet und bin trotzdem ständig belästigt worden. Ich sage auch nicht, dass es gefährlich ist, als Frau in Indien zu reisen. Doch es ist ausgesprochen nervig und man muss sich ein ganz dickes Fell zulegen, um damit zurecht zu kommen. Und beachte, ich habe diese Erfahrungen schon 1992 gemacht. Es ist also kein neues Problem. Warum habe ich diese Probleme nur in Indien gehabt? In Nepal oder Pakistan ist mir das in der Intensivität wie in Indien nie passiert. Ich finde es richtig, dass man so viel Öffentlichkeit wie möglich für die Frauenproblematik in Indien schafft. Es ist schön, dass es Dir gut geht in Indien und Du etwas für Indiens Frauen tust. Doch herunter spielen sollte man die Probleme nicht, die man als reisende Frau in Indien hat.
    LG
    Ulrike

  10. LIebe Ulrike,

    zuerst möchte ich mich für diesen ausführlichen Artikel bedanken, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Es betrübt mich, dass Du solch schlechte Erfahrungen in Indien gesammt hast. Ich bin in den letzten 15 Jahren viel durch Indien gereist, häufig alleine, und lebe nun bereits seit 2011 in New Delhi und habe hier sogar ein Geschäft gegründet. Seitdem das Thema „(Massen-) Vergewaltigung in Indien“ auch in Deutschland durch die Presse geht, erhalte ich immer wieder Anrufe und E-Mails von Freunden und Verwandten, die sich um mein Wohlergehen sorgen. Genau wie ihnen möchte ich auch Dir antworten, dass man sich auch als Frau nach wie vor sehr sicher in Indien bewegen kann

    Trotzdem sollte man niemals vergessen, dass Indien ein sehr konservatives Land ist. Übrigens: Das gilt nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer!! Beide Geschlechter sollten Schultern und Knie stets bedeckt halten. Auch kurze Hosen, Röcke und tiefe Ausschnitte sind in Indien unangemessen.

    Im Gegensatz zu Deutschland ist es in Indien zudem ganz normal, dass man häufig von fremden Menschen angesprochen oder sogar angestarrt wird. Ein solches Verhalten gilt hier einfach nicht als unhöflich. Solchen Situationen begegnet man am besten, indem man ruhig, freundlich und unverbindlich bleibt. Am besten geht man ohne zu reagieren einfach selbstbewusst weiter.

    Trotzdem ist die Situation von Frauen in Indien natürlich durchaus verbesserungswürdig. Bei meiner Arbeit setze ich mich daher für die Unterstützung und Stärkung von Frauen in Indien ein. So arbeiten wie bevorzugt mit Inderinnen zusammen und unterstützen einheimische Projekte und Initiativen, die Frauen in Indien helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen

    Liebe Grüße aus New Delhi und vielen Dank für Dein schönes Reiseblog,
    Beatrix

  11. Danke, dass Du das so siehst! Frauen sehen eigentlich imme rnur, dass ich negativ über Indien geschrieben habe, was ja gar nicht der Fall ist!

  12. Uff, das sind so Probleme, an die ich als allein reisender Mann kaum denke. Nicht, dass ich unterwegs nicht sexuell belästigt werde, aber nicht freudig lächelnd durch die Welt laufen zu können, aus Angst hinter der nächsten Ecke vergewaltigt zu werden klingt schon heftig.
    Schön, dass du trotzdem auch die schönen Seiten Indiens genießen konntest!

  13. Danke, ich empfehle das Buch Georg Blume “Indiens verdrängte Wahrheit”. Ich werde mich gleich dran setzen und die Rezension schreiben. Das Buch erhellt einiges. Es ist wichtig, dass diese Vergewaltigungen und die Stellung der Frau in Indien weltweit immer wieder in die Öffentlichkeit kommen. Der Druck auf Indiens Politiker muss stärker werden!

  14. Danke für Deinen ausführlichen Kommentar! Ich kann Dir allerdings nicht ganz zustimmen, was den letzten Absatz betrifft.Ich frage mich immer noch, warum mir solche Sachen wie geschildert in Indien passieren und in Nepal und Ägypten nicht. Ja, sogar in Pakistan habe ich bessere Erfahrungen gemacht als in Indien.
    Südindien soll ja insgesamt einfacher zu bereisen sein.
    Weiterhin viel Spaß in Indien!

  15. Es ist traurig, all diese negativen Berichte zu lesen.
    Leider haben die „Vorrednerinnen“ Recht.

    Allerdings hängt das meines Erachtens nach nicht nur mit Frauen zusammen. Der „Inder“ an sich hat sehr wenig Respekt anderen Menschen gegenüber, auch gegenüber seinen Landsleuten. Für ihn zählt nur er selbst und seine nächsten Familienangehörigen.

    Wir leben seit über 8 Jahren in Südindien und sind für eine deutsche Firma hier. Da wir direkt am Strand leben, hat meine Frau aus Spaß an der Freud ein kleines Bed & Breakfast aus unserem Grundstück gemacht. Grundsätzlich werden von uns keine Inder aufgenommen, da wir bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben.
    Die meisten Gäste sind Backpacker, darunter auch viele alleinreisende Frauen. Bisher haben wir nie solch negativen Erlebnisse von unseren weiblichen Gästen gehört. Selbst wenn sie anschließend noch monatelang in ganz Indien alleine gereist sind, hatten sie keine Zwischenfälle mit indischen Männern.

    Es kommt wirklich darauf an, wie Frau (Mann) auftritt. Eine selbstbewusst auftretende Frau wird nur äußerst selten in solche Situationen kommen. Wer ein paar allgemeine Grundsätze beachtet, so wie bei jedem anderen Reiseziel auch, wird solch stark negativen Erfahrung kaum machen.

    LG
    Jürgen

  16. You are right. And it seems, that many Western women travel with one eye closed. What they do not want to see they do not see in India: poverty, dirt and wheeping women.

  17. Strong words Ulrike. But you speak the truth. I keep stressing that travel in India is not for the fainthearted. The educated urban citizens of our ilk live in a bubble. Few of my own lady friends would travel alone around India! The reason why I did not consider a domestic destination for my first solo trip either. A rotten state of affairs. The South IS way better so far. But there are no guarantees. Especially for backpackers. All eyes are on the new PM to see how he tackles rampant lawlessness, especially in the bakward states in the North. Not an enviable task.

  18. Hat dies auf bambooblog hamburg rebloggt und kommentierte:

    Nachtrag 10.03.2014: Nach allen Diskussionen, die sich um diesen Artikel herum entwickelt haben, fühle ich mich veranlasst, noch etwas nachzutragen: Ich habe mich in Indien als alleinreisende Frau fast immer sicher gefühlt.

  19. In Japan grapschen die Männer auch sehr gern. Aber nicht offen, sondern heimlich. Daher gibt es in manchen Städten eigene U-Bahn Wagen für Frauen. Mir ist das bei meinen Reisen noch nicht passiert. Es wäre Mann auch nicht sehr gut bekommen.

  20. Hallo,
    ich freue mich, dass Du Dich nicht abschrecken lässt. Indien hat sehr viel Schönes zu bieten.
    Ich denke, dass es gut ist, in Indien als Frau selbstbewusst und dominierend aufzutreten. Das hatte ich damals nicht drauf und entspricht auch nicht meiner Natur. Laut den Inder, der einen belästigt, beschimpfen, das kann ich und will ich eigentlich auch nicht.
    Positiv denken, sich auf das Schöne konzentrieren und offens ein für alles Neue. Das wünsche ich Dir und freue mich darauf, nach Deiner Reise von Deinen Eindrücken zu lesen.
    Gute Reise
    Ulrike

  21. Da ich selbst bald nach Indien reise (allerdings mit einer Freundin und nicht allein) bin ich nach deinem Bericht sehr froh, dass wir uns für den Süden entschieden habe. Mit solchen Situationen, gerade wie der „Rote Turban“ könnte ich schwer umgehen. Es ist offensichtlich ein Teil dieser sehr anderen Kultur, die für mich aber sehr schwer nachvollziehbar und akzeptabel ist.
    Aber die Schönheit dieses Landes lockt mich und ich vertraue auf Taschenalarm, Pfefferspray und ein gutes Schicksal.

  22. Liebe Charlotte, danke für Deinen ausführlichen Kommentar! Ich habe etwas ähnliches auch erlebt. Und ich könnte noch viel mehr schreiben, was mich an Indien so verstört hat. Ich habe auch gute und nette Erlebnisse gehabt. Und die alten Paläste, die Natur, das hat mir alles gut gefallen. Im Artikel ging es um einen sehr negativen Aspekt des Reisen in Indien. Doch auch anderes hat dazu beigetragen, dass ich eben kein positives Fazit meiner Indien-reise ziehen kann: Der Dreck, das Elend, die Slums, die aufdringlichen Rickscha-Fahrer, der Umgang – auch der Frauen – miteinander…
    Aber ich würde gerne wieder nach Indien, dann aber in den Süden. Mal sehen!
    Bin schon gespannt auf Deine Fotos von Indien
    Liebe Grüße
    Ulrike

  23. Liebe Ulrike, mir kommt so vieles, was Du da schreibst, so bekannt vor. Ich war 97 ein paar Wochen in Indien und hätte dort – entschuldige, wenn ich das so schreibe – einen Teil der Männer am liebsten erschossen. Ein Erlebnis ist mir ganz besonders negativ in Erinnerung geblieben, als ein Polizist so aufdringlich war und mir sogar ins Frauen-Zugabteil gefolgt ist. Zum Glück hat ihn dann der Zug-Aufseher rausgeworfen. Aber es gab zum Glück auch andere, positive Erlebnisse, so dass mir meine Indien-Reise (übrigens im Norden) unter dem Strich doch in guter Erinnerung geblieben ist. Vielleicht scanne ich mal ein paar Fotos von dieser Reise ein und stelle sie in meinen Blog. Habe sie schon lange nicht mehr angeschaut. 🙂
    Herzliche Grüsse
    Charlotte

  24. genau diese dinge sind der grund, warum ich indien (leider) wohl nie persönlich mit eigenen augen sehen werde. schade eigentlich, aber das risiko ist mir einfach zu groß…

  25. Die Mütter der ganzen Welt haben die Pflicht, die Saat des Friedens zu säen, das Denken ihrer Kinder bestimmen zu helfen.
    © Albert Einstein (1879 – 1955)
    Was machen die Mütter in Indien?

  26. Hallo Jutta,
    ja, da geb ich dir recht. Indien polarisiert. Schon alleine, wenn man persönliche negative Erfahrungen schildert, können Indien-Liebhaberinnen fürchterlich verbal über einen herfallen. Ich weiß wirklich nicht, was man als Frau machen soll, um einigermaßen unbelästigt durch Indien zu reisen. Die Vorschläge, die Bravebird macht, halte ich zum Teil ein (Schultern und Knie bedeckt usw.), finde ich aber zum großen Teil für sehr hinderlich bei einem freien und natürlichen Umgang mit den Menschen Indiens. Es muss doch möglich sein, ganz normal mit dem Zug zu fahren…!
    Ach, ich hab ja nur einen Bruchteil meiner schlechten Erfahrungen beschrieben. Und wo ist der Unterschied zu Pakistan, Sri Lanka oder Ägypten, wo ich ja die gleiche war und diese Probleme nicht hatte?
    Jeder muss selbst für sich entscheiden, ob er dahin reisen will. Wenn man unbelästigt als Frau durch Indien reisen und entspannt die Schönheit des Landes genießen will, dann kommt eigentlich nur eine gut organisierte Rundreise infrage.
    Schwierig!
    Liebe Grüße
    Ulrike

  27. Hallo Ulrike,
    ich habe auch die aktuelle Diskussion bei BRAVEBIRD gelesen und gerade kam dein Kommentar dazu in mein Postfach geflattert. Es ist erstaunlich wie stark das Thema polarisiert und wie unterschiedlich die Erfahrungen sind, die Frauen auf ihren Reisen durch Indien gesammelt haben. Ich selbst war noch nie in Indien. Es ist schwer, sich eine Meinung zu bilden. Es gibt nur ein einziges Land, in dem ich derart schlechte Erfahrungen durch aufdringliches Verhalten von Männern (und ich selbst bin in Begleitung meines Mannes (!) gereist und habe mich sehr „angepasst“ verhalten) gemacht habe, dass ich noch heute wütend darüber bin.
    Soll man solche Länder grundsätzlich meiden? Beeinflussen lasse ich mich von der Berichterstattung in Medien, von Schilderungen von Freunden, Bekannten etc. schon …
    Trotz alledem:Indien scheint ein faszinierendes Land!
    Sonnige Grüße,
    Jutta

  28. Das mit Südindien habe ich auch schon gehört! Indien ist einfach schön! Aber damals gab es noch keine Digi-Cams. Deshalb habe ich nicht so viele Fotos von Indien und muss schon deswegen wieder hin. Vielleicht hat man dann mehr Respekt vor meinen grauen Haaren! 😉
    Danke für den Kommentar.
    Ich wünsche einen schönen Tag!
    Ulrike

  29. Indien ist im Grunde genommen für einen Touristen, und besonders für einen Fotografen wunderschön. Aber man muss eine ziemlich dicke Haut und eine starken Magen haben. Und als Frau lieber in einer Gruppe reisen. Und vorsichtig sein. 🙂 Und, und, und…

    Wenn man alle Vorsichtsmaßnahmen einhält, genießt man Indien. Unsere indischen Kollegen meinten übrigens, dass Südindien deutlich besser ist.

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!